Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

Dein selbst willen fleh ich Dich an, zu kom¬
men. Ich fühle die unerträglichen Schmer¬
zen, die Du leidest, indem Du mich fliehst;
komm, daß unsere Trennung weniger grau¬
sam werde! Ich war vielleicht nie Deiner
würdig, als eben in dem Augenblick, da Du
mich in ein grenzenloses Elend zurück stößest.


Bey allem, was heilig ist, bey allem, was
ein menschliches Herz rühren kann, ruf ich
Dich an! es ist um eine Seele, es ist um
ein Leben zu thun, um zwey Leben, von
denen Dir eins ewig theuer seyn muß. Dein
Argwohn wird auch das nicht glauben, und
doch werde ich es in der Stunde des Todes
aussprechen: das Kind, das ich unter dem
Herzen trage, ist Dein. Seitdem ich Dich
liebe, hat kein anderer mir auch nur die
Hand gedrückt; o daß Deine Liebe, daß

Dein ſelbſt willen fleh ich Dich an, zu kom¬
men. Ich fühle die unerträglichen Schmer¬
zen, die Du leideſt, indem Du mich fliehſt;
komm, daß unſere Trennung weniger grau¬
ſam werde! Ich war vielleicht nie Deiner
würdig, als eben in dem Augenblick, da Du
mich in ein grenzenloſes Elend zurück ſtößeſt.


Bey allem, was heilig iſt, bey allem, was
ein menſchliches Herz rühren kann, ruf ich
Dich an! es iſt um eine Seele, es iſt um
ein Leben zu thun, um zwey Leben, von
denen Dir eins ewig theuer ſeyn muß. Dein
Argwohn wird auch das nicht glauben, und
doch werde ich es in der Stunde des Todes
ausſprechen: das Kind, das ich unter dem
Herzen trage, iſt Dein. Seitdem ich Dich
liebe, hat kein anderer mir auch nur die
Hand gedrückt; o daß Deine Liebe, daß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0175" n="171"/>
Dein &#x017F;elb&#x017F;t willen fleh ich Dich an, zu kom¬<lb/>
men. Ich fühle die unerträglichen Schmer¬<lb/>
zen, die Du leide&#x017F;t, indem Du mich flieh&#x017F;t;<lb/>
komm, daß un&#x017F;ere Trennung weniger grau¬<lb/>
&#x017F;am werde! Ich war vielleicht nie Deiner<lb/>
würdig, als eben in dem Augenblick, da Du<lb/>
mich in ein grenzenlo&#x017F;es Elend zurück &#x017F;töße&#x017F;t.</p><lb/>
            <milestone rendition="#hr" unit="section"/>
            <p>Bey allem, was heilig i&#x017F;t, bey allem, was<lb/>
ein men&#x017F;chliches Herz rühren kann, ruf ich<lb/>
Dich an! es i&#x017F;t um eine Seele, es i&#x017F;t um<lb/>
ein Leben zu thun, um zwey Leben, von<lb/>
denen Dir eins ewig theuer &#x017F;eyn muß. Dein<lb/>
Argwohn wird auch das nicht glauben, und<lb/>
doch werde ich es in der Stunde des Todes<lb/>
aus&#x017F;prechen: das Kind, das ich unter dem<lb/>
Herzen trage, i&#x017F;t Dein. Seitdem ich Dich<lb/>
liebe, hat kein anderer mir auch nur die<lb/>
Hand gedrückt; o daß Deine Liebe, daß<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[171/0175] Dein ſelbſt willen fleh ich Dich an, zu kom¬ men. Ich fühle die unerträglichen Schmer¬ zen, die Du leideſt, indem Du mich fliehſt; komm, daß unſere Trennung weniger grau¬ ſam werde! Ich war vielleicht nie Deiner würdig, als eben in dem Augenblick, da Du mich in ein grenzenloſes Elend zurück ſtößeſt. Bey allem, was heilig iſt, bey allem, was ein menſchliches Herz rühren kann, ruf ich Dich an! es iſt um eine Seele, es iſt um ein Leben zu thun, um zwey Leben, von denen Dir eins ewig theuer ſeyn muß. Dein Argwohn wird auch das nicht glauben, und doch werde ich es in der Stunde des Todes ausſprechen: das Kind, das ich unter dem Herzen trage, iſt Dein. Seitdem ich Dich liebe, hat kein anderer mir auch nur die Hand gedrückt; o daß Deine Liebe, daß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/175
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 171. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/175>, abgerufen am 27.11.2024.