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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Blatt Aureliens, und sagte: Ich bringe die
letzten Worte einer Freundinn, die Sie nicht
ohne Rührung lesen werden.

Lothario nahm den Brief und ging so¬
gleich in das Zimmer zurück, wo er, wie
Wilhelm recht gut durch die offne Thüre se¬
hen konnte, erst noch einige Briefe siegelte
und überschrieb, dann Aureliens Brief eröff¬
nete und las. Er schien das Blatt einigemal
durchgelesen zu haben, und Wilhelm, ob¬
gleich seinem Gefühl nach die pathetische Re¬
de zu dem natürlichen Empfang nicht recht
passen wollte, nahm sich doch zusammen, ging
auf die Schwelle loß und wollte seinen Spruch
beginnen, als eine Tapetenthüre des Kabinets
sich öffnete, und der Geistliche hereintrat.

Ich erhalte die wunderlichste Depesche von
der Welt, rief Lothario ihm entgegen; ver¬
zeihn Sie mir, fuhr er fort, indem er sich
gegen Wilhelmen wandte, wenn ich in die¬

Blatt Aureliens, und ſagte: Ich bringe die
letzten Worte einer Freundinn, die Sie nicht
ohne Rührung leſen werden.

Lothario nahm den Brief und ging ſo¬
gleich in das Zimmer zurück, wo er, wie
Wilhelm recht gut durch die offne Thüre ſe¬
hen konnte, erſt noch einige Briefe ſiegelte
und überſchrieb, dann Aureliens Brief eröff¬
nete und las. Er ſchien das Blatt einigemal
durchgeleſen zu haben, und Wilhelm, ob¬
gleich ſeinem Gefühl nach die pathetiſche Re¬
de zu dem natürlichen Empfang nicht recht
paſſen wollte, nahm ſich doch zuſammen, ging
auf die Schwelle loß und wollte ſeinen Spruch
beginnen, als eine Tapetenthüre des Kabinets
ſich öffnete, und der Geiſtliche hereintrat.

Ich erhalte die wunderlichſte Depeſche von
der Welt, rief Lothario ihm entgegen; ver¬
zeihn Sie mir, fuhr er fort, indem er ſich
gegen Wilhelmen wandte, wenn ich in die¬

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[15/0019] Blatt Aureliens, und ſagte: Ich bringe die letzten Worte einer Freundinn, die Sie nicht ohne Rührung leſen werden. Lothario nahm den Brief und ging ſo¬ gleich in das Zimmer zurück, wo er, wie Wilhelm recht gut durch die offne Thüre ſe¬ hen konnte, erſt noch einige Briefe ſiegelte und überſchrieb, dann Aureliens Brief eröff¬ nete und las. Er ſchien das Blatt einigemal durchgeleſen zu haben, und Wilhelm, ob¬ gleich ſeinem Gefühl nach die pathetiſche Re¬ de zu dem natürlichen Empfang nicht recht paſſen wollte, nahm ſich doch zuſammen, ging auf die Schwelle loß und wollte ſeinen Spruch beginnen, als eine Tapetenthüre des Kabinets ſich öffnete, und der Geiſtliche hereintrat. Ich erhalte die wunderlichſte Depeſche von der Welt, rief Lothario ihm entgegen; ver¬ zeihn Sie mir, fuhr er fort, indem er ſich gegen Wilhelmen wandte, wenn ich in die¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/19>, abgerufen am 21.11.2024.