Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

Bild:
<< vorherige Seite

erfüllt sind. Steile Gegenden lassen sich nur
durch Umwege erklimmen, auf der Ebene
führen gerade Wege von einem Ort zum
andern. Lebe wohl, und gedenke mein,
wenn Du genießest, was ich Dir vorbereitet
habe.

Wilhelm war äußerst betroffen, er glaubte
die Stimme seines Vaters zu hören, und
doch war sie es auch nicht, er befand sich
durch die Gegenwart und die Erinnerung in
der verworrensten Lage.

Nicht lange konnte er nachdenken, als
der Abbe hervortrat, und sich hinter den
grünen Tisch stellte. Treten Sie herbey!
rief er seinem verwunderten Freunde zu. Er
trat herbey, und stieg die Stufen hinan.
Auf dem Teppiche lag eine kleine Rolle. Hier
ist Ihr Lehrbrief, sagte der Abbe, beherzigen
Sie ihn, er ist von wichtigem Inhalt. Wil¬
helm nahm ihn auf, eröfnete ihn und las:

erfüllt ſind. Steile Gegenden laſſen ſich nur
durch Umwege erklimmen, auf der Ebene
führen gerade Wege von einem Ort zum
andern. Lebe wohl, und gedenke mein,
wenn Du genießeſt, was ich Dir vorbereitet
habe.

Wilhelm war äußerſt betroffen, er glaubte
die Stimme ſeines Vaters zu hören, und
doch war ſie es auch nicht, er befand ſich
durch die Gegenwart und die Erinnerung in
der verworrenſten Lage.

Nicht lange konnte er nachdenken, als
der Abbé hervortrat, und ſich hinter den
grünen Tiſch ſtellte. Treten Sie herbey!
rief er ſeinem verwunderten Freunde zu. Er
trat herbey, und ſtieg die Stufen hinan.
Auf dem Teppiche lag eine kleine Rolle. Hier
iſt Ihr Lehrbrief, ſagte der Abbé, beherzigen
Sie ihn, er iſt von wichtigem Inhalt. Wil¬
helm nahm ihn auf, eröfnete ihn und las:

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <div n="3">
            <p><pb facs="#f0209" n="205"/>
erfüllt &#x017F;ind. Steile Gegenden la&#x017F;&#x017F;en &#x017F;ich nur<lb/>
durch Umwege erklimmen, auf der Ebene<lb/>
führen gerade Wege von einem Ort zum<lb/>
andern. Lebe wohl, und gedenke mein,<lb/>
wenn Du genieße&#x017F;t, was ich Dir vorbereitet<lb/>
habe.</p><lb/>
            <p>Wilhelm war äußer&#x017F;t betroffen, er glaubte<lb/>
die Stimme &#x017F;eines Vaters zu hören, und<lb/>
doch war &#x017F;ie es auch nicht, er befand &#x017F;ich<lb/>
durch die Gegenwart und die Erinnerung in<lb/>
der verworren&#x017F;ten Lage.</p><lb/>
            <p>Nicht lange konnte er nachdenken, als<lb/>
der Abbé hervortrat, und &#x017F;ich hinter den<lb/>
grünen Ti&#x017F;ch &#x017F;tellte. Treten Sie herbey!<lb/>
rief er &#x017F;einem verwunderten Freunde zu. Er<lb/>
trat herbey, und &#x017F;tieg die Stufen hinan.<lb/>
Auf dem Teppiche lag eine kleine Rolle. Hier<lb/>
i&#x017F;t Ihr Lehrbrief, &#x017F;agte der Abbé, beherzigen<lb/>
Sie ihn, er i&#x017F;t von wichtigem Inhalt. Wil¬<lb/>
helm nahm ihn auf, eröfnete ihn und las:<lb/></p>
          </div>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[205/0209] erfüllt ſind. Steile Gegenden laſſen ſich nur durch Umwege erklimmen, auf der Ebene führen gerade Wege von einem Ort zum andern. Lebe wohl, und gedenke mein, wenn Du genießeſt, was ich Dir vorbereitet habe. Wilhelm war äußerſt betroffen, er glaubte die Stimme ſeines Vaters zu hören, und doch war ſie es auch nicht, er befand ſich durch die Gegenwart und die Erinnerung in der verworrenſten Lage. Nicht lange konnte er nachdenken, als der Abbé hervortrat, und ſich hinter den grünen Tiſch ſtellte. Treten Sie herbey! rief er ſeinem verwunderten Freunde zu. Er trat herbey, und ſtieg die Stufen hinan. Auf dem Teppiche lag eine kleine Rolle. Hier iſt Ihr Lehrbrief, ſagte der Abbé, beherzigen Sie ihn, er iſt von wichtigem Inhalt. Wil¬ helm nahm ihn auf, eröfnete ihn und las:

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/209
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 205. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/209>, abgerufen am 24.11.2024.