So rein und offen sollte mein Herz seyn, dann wär' ich glücklich.
Wie ist's mit den Flügeln? laß sie sehen!
Sie stellen schönere vor, die noch nicht entfaltet sind.
Und so antwortete sie bedeutend auf jede unschuldige, leichte Frage. Als die Neu¬ gierde der kleinen Gesellschaft befriedigt war, und der Eindruck dieser Erscheinung stumpf zu werden anfing, wollte man sie wieder auskleiden. Sie verwehrte es, nahm ihre Zit¬ ter, setzte sich hier auf diesen hohen Schreib¬ tisch hinauf, und sang ein Lied mit unglaub¬ licher Anmuth.
So laßt mich scheinen bis ich werde,
Zieht mir das weiße Kleid nicht aus! Ich eile, von der schönen Erde Hinab in jenes feste Haus.
R 2
Ich wollte ich wär’ es, verſetzte Mignon.
Warum trägſt Du eine Lilie?
So rein und offen ſollte mein Herz ſeyn, dann wär’ ich glücklich.
Wie iſt’s mit den Flügeln? laß ſie ſehen!
Sie ſtellen ſchönere vor, die noch nicht entfaltet ſind.
Und ſo antwortete ſie bedeutend auf jede unſchuldige, leichte Frage. Als die Neu¬ gierde der kleinen Geſellſchaft befriedigt war, und der Eindruck dieſer Erſcheinung ſtumpf zu werden anfing, wollte man ſie wieder auskleiden. Sie verwehrte es, nahm ihre Zit¬ ter, ſetzte ſich hier auf dieſen hohen Schreib¬ tiſch hinauf, und ſang ein Lied mit unglaub¬ licher Anmuth.
So laßt mich ſcheinen bis ich werde,
Zieht mir das weiße Kleid nicht aus! Ich eile, von der ſchönen Erde Hinab in jenes feſte Haus.
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Ich wollte ich wär’ es, verſetzte Mignon.
Warum trägſt Du eine Lilie?
So rein und offen ſollte mein Herz ſeyn,
dann wär’ ich glücklich.
Wie iſt’s mit den Flügeln? laß ſie ſehen!
Sie ſtellen ſchönere vor, die noch nicht
entfaltet ſind.
Und ſo antwortete ſie bedeutend auf jede
unſchuldige, leichte Frage. Als die Neu¬
gierde der kleinen Geſellſchaft befriedigt war,
und der Eindruck dieſer Erſcheinung ſtumpf
zu werden anfing, wollte man ſie wieder
auskleiden. Sie verwehrte es, nahm ihre Zit¬
ter, ſetzte ſich hier auf dieſen hohen Schreib¬
tiſch hinauf, und ſang ein Lied mit unglaub¬
licher Anmuth.
So laßt mich ſcheinen bis ich werde,
Zieht mir das weiße Kleid nicht aus!
Ich eile, von der ſchönen Erde
Hinab in jenes feſte Haus.
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 259. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/263>, abgerufen am 22.11.2024.
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