Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.Ich konnte mich am wenigsten in dieses We¬ Ich konnte mich am wenigſten in dieſes We¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0351" n="347"/> Ich konnte mich am wenigſten in dieſes We¬<lb/> ſen finden. Ich war älter als die andern,<lb/> ich hatte von Jugend auf klar geſehen, und<lb/> wünſchte in allen Dingen nichts als Klar¬<lb/> heit, ich hatte kein ander Intereſſe, als die<lb/> Welt zu kennen wie ſie war; und ſteckte mit<lb/> dieſer Liebhaberey die übrigen beſten Gefähr¬<lb/> ten an, und faſt hätte darüber unſere gan¬<lb/> ze Bildung eine falſche Richtung genommen;<lb/> denn wir fingen an nur die Fehler der an¬<lb/> dern und ihre Beſchränkung zu ſehen, und<lb/> uns ſelbſt für treffliche Weſen zu halten.<lb/> Der Abbé kam uns zu Hülfe und lehrte<lb/> uns: daß man die Menſchen nicht beobach¬<lb/> ten müſſe, ohne ſich für ihre <choice><sic>Bildüng</sic><corr>Bildung</corr></choice> zu in¬<lb/> tereſſiren, und daß man ſich ſelbſt eigentlich nur<lb/> in der Thätigkeit zu beobachten und zu erlau¬<lb/> ſchen im Stande ſey. Er rieth uns jene erſte<lb/> Formen der Geſellſchaft beyzubehalten, es blieb<lb/> daher etwas geſetzliches in unſern Zuſammen¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [347/0351]
Ich konnte mich am wenigſten in dieſes We¬
ſen finden. Ich war älter als die andern,
ich hatte von Jugend auf klar geſehen, und
wünſchte in allen Dingen nichts als Klar¬
heit, ich hatte kein ander Intereſſe, als die
Welt zu kennen wie ſie war; und ſteckte mit
dieſer Liebhaberey die übrigen beſten Gefähr¬
ten an, und faſt hätte darüber unſere gan¬
ze Bildung eine falſche Richtung genommen;
denn wir fingen an nur die Fehler der an¬
dern und ihre Beſchränkung zu ſehen, und
uns ſelbſt für treffliche Weſen zu halten.
Der Abbé kam uns zu Hülfe und lehrte
uns: daß man die Menſchen nicht beobach¬
ten müſſe, ohne ſich für ihre Bildung zu in¬
tereſſiren, und daß man ſich ſelbſt eigentlich nur
in der Thätigkeit zu beobachten und zu erlau¬
ſchen im Stande ſey. Er rieth uns jene erſte
Formen der Geſellſchaft beyzubehalten, es blieb
daher etwas geſetzliches in unſern Zuſammen¬
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