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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Natalie sagte leise zu Theresen: seine Art
von Lustigkeit thut mir wehe, ich wollte
wetten, daß ihm dabey nicht wohl ist.

Da Friedrich, außer einigen Späßen, die
ihm Jarno erwiederte, keinen Anklang für
seine Possen in der Gesellschaft fand, sagte
er: es bleibt mir nichts übrig, als mit der
ernsthaften Familie auch ernsthaft zu wer¬
den, und weil mir, unter solchen bedenk¬
lichen Umständen, sogleich meine sämmtliche
Sündenlast schwer auf die Seele fällt, so
will ich mich kurz und gut zu einer Gene¬
ralbeichte entschließen, wovon Ihr aber, meine
werthen Herren und Damen, nichts verneh¬
men sollt. Dieser edle Freund hier, dem
schon einiges von meinem Leben und Thun
bekannt ist, soll es allein erfahren, um so
mehr als er darnach allein zu fragen einige
Ursache hat. Wäret Ihr nicht neugierig zu
wissen, fuhr er gegen Wilhelmen fort, wie

Natalie ſagte leiſe zu Thereſen: ſeine Art
von Luſtigkeit thut mir wehe, ich wollte
wetten, daß ihm dabey nicht wohl iſt.

Da Friedrich, außer einigen Späßen, die
ihm Jarno erwiederte, keinen Anklang für
ſeine Poſſen in der Geſellſchaft fand, ſagte
er: es bleibt mir nichts übrig, als mit der
ernſthaften Familie auch ernſthaft zu wer¬
den, und weil mir, unter ſolchen bedenk¬
lichen Umſtänden, ſogleich meine ſämmtliche
Sündenlaſt ſchwer auf die Seele fällt, ſo
will ich mich kurz und gut zu einer Gene¬
ralbeichte entſchließen, wovon Ihr aber, meine
werthen Herren und Damen, nichts verneh¬
men ſollt. Dieſer edle Freund hier, dem
ſchon einiges von meinem Leben und Thun
bekannt iſt, ſoll es allein erfahren, um ſo
mehr als er darnach allein zu fragen einige
Urſache hat. Wäret Ihr nicht neugierig zu
wiſſen, fuhr er gegen Wilhelmen fort, wie

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[366/0370] Natalie ſagte leiſe zu Thereſen: ſeine Art von Luſtigkeit thut mir wehe, ich wollte wetten, daß ihm dabey nicht wohl iſt. Da Friedrich, außer einigen Späßen, die ihm Jarno erwiederte, keinen Anklang für ſeine Poſſen in der Geſellſchaft fand, ſagte er: es bleibt mir nichts übrig, als mit der ernſthaften Familie auch ernſthaft zu wer¬ den, und weil mir, unter ſolchen bedenk¬ lichen Umſtänden, ſogleich meine ſämmtliche Sündenlaſt ſchwer auf die Seele fällt, ſo will ich mich kurz und gut zu einer Gene¬ ralbeichte entſchließen, wovon Ihr aber, meine werthen Herren und Damen, nichts verneh¬ men ſollt. Dieſer edle Freund hier, dem ſchon einiges von meinem Leben und Thun bekannt iſt, ſoll es allein erfahren, um ſo mehr als er darnach allein zu fragen einige Urſache hat. Wäret Ihr nicht neugierig zu wiſſen, fuhr er gegen Wilhelmen fort, wie

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 366. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/370>, abgerufen am 22.11.2024.