den. Philine ist nun bey mir, wir haben einem Pachter das alte Schloß eines Ritter¬ gutes abgemiethet, worin wir, wie die Ko¬ bolde, aufs lustigste leben. Dort haben wir eine zwar compendiöse, aber doch ausge¬ suchte Bibliothek gefunden, enthaltend eine Bibel in Folio, Gottfrieds Chronik, zwey Bände Theatrum Europaeum, die Acerra Philologica, Gryphii Schriften und noch ei¬ nige minder wichtige Bücher. Nun hatten wir denn doch, wenn wir ausgetobt hatten, manchmal lange Weile, wir wollten lesen, und ehe wir's uns versahen, ward unsere lange Weile noch länger. Endlich hatte Phi¬ line den herrlichen Einfall, die sämmtlichen Bücher auf einem großen Tisch aufzuschla¬ gen, wir setzten uns gegeneinander und la¬ sen gegeneinander, und immer nur stellen¬ weise, aus einem Buch wie aus dem andern. Das war nun eine rechte Lust! wir glaub¬
den. Philine iſt nun bey mir, wir haben einem Pachter das alte Schloß eines Ritter¬ gutes abgemiethet, worin wir, wie die Ko¬ bolde, aufs luſtigſte leben. Dort haben wir eine zwar compendiöſe, aber doch ausge¬ ſuchte Bibliothek gefunden, enthaltend eine Bibel in Folio, Gottfrieds Chronik, zwey Bände Theatrum Europaeum, die Acerra Philologica, Gryphii Schriften und noch ei¬ nige minder wichtige Bücher. Nun hatten wir denn doch, wenn wir ausgetobt hatten, manchmal lange Weile, wir wollten leſen, und ehe wir’s uns verſahen, ward unſere lange Weile noch länger. Endlich hatte Phi¬ line den herrlichen Einfall, die ſämmtlichen Bücher auf einem großen Tiſch aufzuſchla¬ gen, wir ſetzten uns gegeneinander und la¬ ſen gegeneinander, und immer nur ſtellen¬ weiſe, aus einem Buch wie aus dem andern. Das war nun eine rechte Luſt! wir glaub¬
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einem Pachter das alte Schloß eines Ritter¬
gutes abgemiethet, worin wir, wie die Ko¬
bolde, aufs luſtigſte leben. Dort haben wir
eine zwar compendiöſe, aber doch ausge¬
ſuchte Bibliothek gefunden, enthaltend eine
Bibel in Folio, Gottfrieds Chronik, zwey
Bände Theatrum Europaeum, die Acerra
Philologica, Gryphii Schriften und noch ei¬
nige minder wichtige Bücher. Nun hatten
wir denn doch, wenn wir ausgetobt hatten,
manchmal lange Weile, wir wollten leſen,
und ehe wir’s uns verſahen, ward unſere
lange Weile noch länger. Endlich hatte Phi¬
line den herrlichen Einfall, die ſämmtlichen
Bücher auf einem großen Tiſch aufzuſchla¬
gen, wir ſetzten uns gegeneinander und la¬
ſen gegeneinander, und immer nur ſtellen¬
weiſe, aus einem Buch wie aus dem andern.
Das war nun eine rechte Luſt! wir glaub¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 370. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/374>, abgerufen am 22.11.2024.
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