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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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taliens, und gewis mit einem reinen Herzen,
gesagt habe: Lothario und seine Freunde
können jede Art von Entsagung von mir
fordern, ich lege Ihnen hiermit alle meine
Ansprüche an Theresen in die Hand, ver¬
schaffen Sie mir dagegen meine förmliche
Entlassung. O! es bedarf, mein Freund,
keines großen Bedenkens mich zu entschließen.
Schon diese Tage hab ich gefühlt, daß The¬
rese Mühe hat nur einen Schein der Leb¬
haftigkeit, mit der sie mich zuerst hier be¬
grüßte, zu erhalten. Ihre Neigung ist mir
entwendet, oder vielmehr ich habe sie nie
besessen.

Solche Fälle möchten sich wohl besser,
nach und nach, unter Schweigen und Er¬
warten aufklären, versetzte Jarno, als durch
vieles Reden, wodurch immer eine Art von
Verlegenheit und Gährung entsteht.

Ich dächte vielmehr, sagte Wilhelm, daß

taliens, und gewis mit einem reinen Herzen,
geſagt habe: Lothario und ſeine Freunde
können jede Art von Entſagung von mir
fordern, ich lege Ihnen hiermit alle meine
Anſprüche an Thereſen in die Hand, ver¬
ſchaffen Sie mir dagegen meine förmliche
Entlaſſung. O! es bedarf, mein Freund,
keines großen Bedenkens mich zu entſchließen.
Schon dieſe Tage hab ich gefühlt, daß The¬
reſe Mühe hat nur einen Schein der Leb¬
haftigkeit, mit der ſie mich zuerſt hier be¬
grüßte, zu erhalten. Ihre Neigung iſt mir
entwendet, oder vielmehr ich habe ſie nie
beſeſſen.

Solche Fälle möchten ſich wohl beſſer,
nach und nach, unter Schweigen und Er¬
warten aufklären, verſetzte Jarno, als durch
vieles Reden, wodurch immer eine Art von
Verlegenheit und Gährung entſteht.

Ich dächte vielmehr, ſagte Wilhelm, daß

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[381/0385] taliens, und gewis mit einem reinen Herzen, geſagt habe: Lothario und ſeine Freunde können jede Art von Entſagung von mir fordern, ich lege Ihnen hiermit alle meine Anſprüche an Thereſen in die Hand, ver¬ ſchaffen Sie mir dagegen meine förmliche Entlaſſung. O! es bedarf, mein Freund, keines großen Bedenkens mich zu entſchließen. Schon dieſe Tage hab ich gefühlt, daß The¬ reſe Mühe hat nur einen Schein der Leb¬ haftigkeit, mit der ſie mich zuerſt hier be¬ grüßte, zu erhalten. Ihre Neigung iſt mir entwendet, oder vielmehr ich habe ſie nie beſeſſen. Solche Fälle möchten ſich wohl beſſer, nach und nach, unter Schweigen und Er¬ warten aufklären, verſetzte Jarno, als durch vieles Reden, wodurch immer eine Art von Verlegenheit und Gährung entſteht. Ich dächte vielmehr, ſagte Wilhelm, daß

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 381. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/385>, abgerufen am 22.11.2024.