Der Markese betrachtete diese neue Er¬ scheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief er aus, indem er sich aufrichtete, und seine Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬ glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder! welche schmerzliche Freude, Dich, auf die wir schon lange Verzicht gethan hatten, diesen guten lieben Körper, den wir lange im See einen Raub der Fische glaubten, hier wieder zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich wohne Deiner Bestattung bey, die so herr¬ lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher durch die guten Menschen wird, die Dich zu Deiner Ruhestätte begleiten. Und wenn ich werde reden können, sagte er mit gebrochner Stimme, werde ich ihnen danken.
Die Thränen verhinderten ihn, etwas weiter hervorzubringen. Durch den Druck einer Feder versenkte der Abbe den Körper in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,
Der Markeſe betrachtete dieſe neue Er¬ ſcheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief er aus, indem er ſich aufrichtete, und ſeine Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬ glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder! welche ſchmerzliche Freude, Dich, auf die wir ſchon lange Verzicht gethan hatten, dieſen guten lieben Körper, den wir lange im See einen Raub der Fiſche glaubten, hier wieder zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich wohne Deiner Beſtattung bey, die ſo herr¬ lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher durch die guten Menſchen wird, die Dich zu Deiner Ruheſtätte begleiten. Und wenn ich werde reden können, ſagte er mit gebrochner Stimme, werde ich ihnen danken.
Die Thränen verhinderten ihn, etwas weiter hervorzubringen. Durch den Druck einer Feder verſenkte der Abbé den Körper in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><pbfacs="#f0425"n="421"/><p>Der Markeſe betrachtete dieſe neue Er¬<lb/>ſcheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief<lb/>
er aus, indem er ſich aufrichtete, und ſeine<lb/>
Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬<lb/>
glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder!<lb/>
welche ſchmerzliche Freude, Dich, auf die wir<lb/>ſchon lange Verzicht gethan hatten, dieſen<lb/>
guten lieben Körper, den wir lange im See<lb/>
einen Raub der Fiſche glaubten, hier wieder<lb/>
zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich<lb/>
wohne Deiner Beſtattung bey, die ſo herr¬<lb/>
lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher<lb/>
durch die guten Menſchen wird, die Dich zu<lb/>
Deiner Ruheſtätte begleiten. Und wenn ich<lb/>
werde reden können, ſagte er mit gebrochner<lb/>
Stimme, werde ich ihnen danken.</p><lb/><p>Die Thränen verhinderten ihn, etwas<lb/>
weiter hervorzubringen. Durch den Druck<lb/>
einer Feder verſenkte der Abbé den Körper<lb/>
in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[421/0425]
Der Markeſe betrachtete dieſe neue Er¬
ſcheinung ganz in der Nähe. O Gott! rief
er aus, indem er ſich aufrichtete, und ſeine
Hände gen Himmel hob, armes Kind! un¬
glückliche Nichte! finde ich Dich hier wieder!
welche ſchmerzliche Freude, Dich, auf die wir
ſchon lange Verzicht gethan hatten, dieſen
guten lieben Körper, den wir lange im See
einen Raub der Fiſche glaubten, hier wieder
zu finden, zwar todt, aber erhalten. Ich
wohne Deiner Beſtattung bey, die ſo herr¬
lich durch ihr Äußeres, und noch herrlicher
durch die guten Menſchen wird, die Dich zu
Deiner Ruheſtätte begleiten. Und wenn ich
werde reden können, ſagte er mit gebrochner
Stimme, werde ich ihnen danken.
Die Thränen verhinderten ihn, etwas
weiter hervorzubringen. Durch den Druck
einer Feder verſenkte der Abbé den Körper
in die Tiefe des Marmors. Vier Jünglinge,
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 421. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/425>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.