Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.als bis er sich in den Händen seiner Brüder Schmerzlich gerührt von dem Schicksal als bis er ſich in den Händen ſeiner Brüder Schmerzlich gerührt von dem Schickſal <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0446" n="442"/> als bis er ſich in den Händen ſeiner Brüder<lb/> ſahe, er erholte ſich nicht eher, als bis er<lb/> die Kloſterpforte hinter ſich zuſchlagen hörte.</p><lb/> <p>Schmerzlich gerührt von dem Schickſal<lb/> unſeres Bruders machten wir unſerm Beicht¬<lb/> vater die lebhafteſten Vorwürfe, allein dieſer<lb/> ehrwürdige Mann wußte uns bald mit den<lb/> Gründen des Wundarztes zu überreden, daß<lb/> unſer Mitleid für den armen Kranken tödt¬<lb/> lich ſey. Er handle nicht aus eigner Will¬<lb/> kühr, ſondern auf Befehl des Biſchoffs und<lb/> des hohen Rathes. Die Abſicht war: alles<lb/> öffentliche Ärgerniß zu vermeiden, und den<lb/> traurigen Fall mit dem Schleyer einer ge¬<lb/> heimen Kirchenzucht zu verdecken. Sperata<lb/> ſollte geſchont werden, ſie ſollte nicht erfah¬<lb/> ren, daß ihr Geliebter zugleich ihr Bruder<lb/> ſey. Sie ward einem Geiſtlichen anempfoh¬<lb/> len, dem ſie vorher ſchon ihren Zuſtand ver¬<lb/> traut hatte. Man wußte ihre Schwanger¬<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [442/0446]
als bis er ſich in den Händen ſeiner Brüder
ſahe, er erholte ſich nicht eher, als bis er
die Kloſterpforte hinter ſich zuſchlagen hörte.
Schmerzlich gerührt von dem Schickſal
unſeres Bruders machten wir unſerm Beicht¬
vater die lebhafteſten Vorwürfe, allein dieſer
ehrwürdige Mann wußte uns bald mit den
Gründen des Wundarztes zu überreden, daß
unſer Mitleid für den armen Kranken tödt¬
lich ſey. Er handle nicht aus eigner Will¬
kühr, ſondern auf Befehl des Biſchoffs und
des hohen Rathes. Die Abſicht war: alles
öffentliche Ärgerniß zu vermeiden, und den
traurigen Fall mit dem Schleyer einer ge¬
heimen Kirchenzucht zu verdecken. Sperata
ſollte geſchont werden, ſie ſollte nicht erfah¬
ren, daß ihr Geliebter zugleich ihr Bruder
ſey. Sie ward einem Geiſtlichen anempfoh¬
len, dem ſie vorher ſchon ihren Zuſtand ver¬
traut hatte. Man wußte ihre Schwanger¬
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