nöthigt, einen Augenblick zu gestehen, eine Zeit sey vergangen, so scheint er wie er¬ staunt, und dann verwirft er wieder die Veränderung an den Dingen als eine Er¬ scheinung der Erscheinungen. Eines Abends sang er ein Lied über seine grauen Haare, wir saßen alle um ihn her und weinten.
O! schaffen Sie es mir! rief Wilhelm aus.
Haben Sie denn aber, fragte Jarno, nichts entdeckt, von dem, was er sein Ver¬ brechen nennt, nicht die Ursache seiner son¬ derbaren Tracht, sein Betragen beym Brande, seine Wuth gegen das Kind?
Nur durch Muthmaßungen können wir seinem Schicksale näher kommen; ihn unmit¬ telbar zu fragen, würde gegen unsere Grund¬ sätze seyn. Da wir wohl merken, daß er katholisch erzogen ist, haben wir geglaubt, ihm durch eine Beichte Linderung zu ver¬
nöthigt, einen Augenblick zu geſtehen, eine Zeit ſey vergangen, ſo ſcheint er wie er¬ ſtaunt, und dann verwirft er wieder die Veränderung an den Dingen als eine Er¬ ſcheinung der Erſcheinungen. Eines Abends ſang er ein Lied über ſeine grauen Haare, wir ſaßen alle um ihn her und weinten.
O! ſchaffen Sie es mir! rief Wilhelm aus.
Haben Sie denn aber, fragte Jarno, nichts entdeckt, von dem, was er ſein Ver¬ brechen nennt, nicht die Urſache ſeiner ſon¬ derbaren Tracht, ſein Betragen beym Brande, ſeine Wuth gegen das Kind?
Nur durch Muthmaßungen können wir ſeinem Schickſale näher kommen; ihn unmit¬ telbar zu fragen, würde gegen unſere Grund¬ ſätze ſeyn. Da wir wohl merken, daß er katholiſch erzogen iſt, haben wir geglaubt, ihm durch eine Beichte Linderung zu ver¬
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nöthigt, einen Augenblick zu geſtehen, eine
Zeit ſey vergangen, ſo ſcheint er wie er¬
ſtaunt, und dann verwirft er wieder die
Veränderung an den Dingen als eine Er¬
ſcheinung der Erſcheinungen. Eines Abends
ſang er ein Lied über ſeine grauen Haare,
wir ſaßen alle um ihn her und weinten.
O! ſchaffen Sie es mir! rief Wilhelm
aus.
Haben Sie denn aber, fragte Jarno,
nichts entdeckt, von dem, was er ſein Ver¬
brechen nennt, nicht die Urſache ſeiner ſon¬
derbaren Tracht, ſein Betragen beym Brande,
ſeine Wuth gegen das Kind?
Nur durch Muthmaßungen können wir
ſeinem Schickſale näher kommen; ihn unmit¬
telbar zu fragen, würde gegen unſere Grund¬
ſätze ſeyn. Da wir wohl merken, daß er
katholiſch erzogen iſt, haben wir geglaubt,
ihm durch eine Beichte Linderung zu ver¬
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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/54>, abgerufen am 28.11.2024.
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