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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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Wilhelm wollte sich eben näher nach The¬
resen erkundigen, als sie bey dem Gerichts¬
halter vorfuhren, der an den Wagen kam,
und von Herzen bedauerte, daß Fräulein
Therese schon abgefahren sey. Er bot den
Reisenden ein Frühstück an, sagte aber zu¬
gleich: der Wagen würde noch im nächsten
Dorfe einzuholen seyn. Man entschloß sich
nachzufahren, und der Kutscher säumte nicht;
man hatte schon einige Dörfer zurückgelegt
und niemand angetroffen. Lydie bestand nun
darauf, man solle umkehren, der Kutscher
fuhr zu als verstünde er es nicht. Endlich
verlangte sie es mit größter Heftigkeit; Wil¬
helm rief ihm zu und gab das abgeredete
Zeichen. Der Kutscher erwiederte: wir ha¬
ben nicht nöthig denselben Weg zurück zu
fahren; ich weiß einen nähern, der zugleich
viel bequemer ist. Er fuhr nun seitwärts
durch einen Wald und über lange Tristen

Wilhelm wollte ſich eben näher nach The¬
reſen erkundigen, als ſie bey dem Gerichts¬
halter vorfuhren, der an den Wagen kam,
und von Herzen bedauerte, daß Fräulein
Thereſe ſchon abgefahren ſey. Er bot den
Reiſenden ein Frühſtück an, ſagte aber zu¬
gleich: der Wagen würde noch im nächſten
Dorfe einzuholen ſeyn. Man entſchloß ſich
nachzufahren, und der Kutſcher ſäumte nicht;
man hatte ſchon einige Dörfer zurückgelegt
und niemand angetroffen. Lydie beſtand nun
darauf, man ſolle umkehren, der Kutſcher
fuhr zu als verſtünde er es nicht. Endlich
verlangte ſie es mit größter Heftigkeit; Wil¬
helm rief ihm zu und gab das abgeredete
Zeichen. Der Kutſcher erwiederte: wir ha¬
ben nicht nöthig denſelben Weg zurück zu
fahren; ich weiß einen nähern, der zugleich
viel bequemer iſt. Er fuhr nun ſeitwärts
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[60/0064] Wilhelm wollte ſich eben näher nach The¬ reſen erkundigen, als ſie bey dem Gerichts¬ halter vorfuhren, der an den Wagen kam, und von Herzen bedauerte, daß Fräulein Thereſe ſchon abgefahren ſey. Er bot den Reiſenden ein Frühſtück an, ſagte aber zu¬ gleich: der Wagen würde noch im nächſten Dorfe einzuholen ſeyn. Man entſchloß ſich nachzufahren, und der Kutſcher ſäumte nicht; man hatte ſchon einige Dörfer zurückgelegt und niemand angetroffen. Lydie beſtand nun darauf, man ſolle umkehren, der Kutſcher fuhr zu als verſtünde er es nicht. Endlich verlangte ſie es mit größter Heftigkeit; Wil¬ helm rief ihm zu und gab das abgeredete Zeichen. Der Kutſcher erwiederte: wir ha¬ ben nicht nöthig denſelben Weg zurück zu fahren; ich weiß einen nähern, der zugleich viel bequemer iſt. Er fuhr nun ſeitwärts durch einen Wald und über lange Triſten

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/64>, abgerufen am 27.11.2024.