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Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796.

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sorgte das Abendessen, und hatte des andern
Morgens, wenn sie noch lange schliefen,
schon ihre Garderobe in Ordnung gebracht,
die sie des Abends gewöhnlich übereinander
geworfen zurückließen.

Meiner Mutter schien diese Thätigkeit
ganz recht zu seyn, aber ihre Neigung konnte
ich nicht erwerben, sie verachtete mich, und
ich weiß noch recht gut, daß sie mehr als
einmal mit Bitterkeit wiederholte: wenn die
Mutter so ungewis seyn könnte als der Va¬
ter, so würde man wohl schwerlich diese
Magd für meine Tochter halten. Ich leug¬
nete nicht, daß ihr Betragen mich nach und
nach ganz von ihr entfernte, ich betrachtete
ihre Handlungen wie die Handlungen einer
fremden Person, und da ich gewohnt war
wie ein Falke das Gesinde zu beobachten,
denn, im Vorbeygehen gesagt, darauf be¬
ruht eigentlich der Grund aller Haushaltung;

so

ſorgte das Abendeſſen, und hatte des andern
Morgens, wenn ſie noch lange ſchliefen,
ſchon ihre Garderobe in Ordnung gebracht,
die ſie des Abends gewöhnlich übereinander
geworfen zurückließen.

Meiner Mutter ſchien dieſe Thätigkeit
ganz recht zu ſeyn, aber ihre Neigung konnte
ich nicht erwerben, ſie verachtete mich, und
ich weiß noch recht gut, daß ſie mehr als
einmal mit Bitterkeit wiederholte: wenn die
Mutter ſo ungewis ſeyn könnte als der Va¬
ter, ſo würde man wohl ſchwerlich dieſe
Magd für meine Tochter halten. Ich leug¬
nete nicht, daß ihr Betragen mich nach und
nach ganz von ihr entfernte, ich betrachtete
ihre Handlungen wie die Handlungen einer
fremden Perſon, und da ich gewohnt war
wie ein Falke das Geſinde zu beobachten,
denn, im Vorbeygehen geſagt, darauf be¬
ruht eigentlich der Grund aller Haushaltung;

ſo
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[80/0084] ſorgte das Abendeſſen, und hatte des andern Morgens, wenn ſie noch lange ſchliefen, ſchon ihre Garderobe in Ordnung gebracht, die ſie des Abends gewöhnlich übereinander geworfen zurückließen. Meiner Mutter ſchien dieſe Thätigkeit ganz recht zu ſeyn, aber ihre Neigung konnte ich nicht erwerben, ſie verachtete mich, und ich weiß noch recht gut, daß ſie mehr als einmal mit Bitterkeit wiederholte: wenn die Mutter ſo ungewis ſeyn könnte als der Va¬ ter, ſo würde man wohl ſchwerlich dieſe Magd für meine Tochter halten. Ich leug¬ nete nicht, daß ihr Betragen mich nach und nach ganz von ihr entfernte, ich betrachtete ihre Handlungen wie die Handlungen einer fremden Perſon, und da ich gewohnt war wie ein Falke das Geſinde zu beobachten, denn, im Vorbeygehen geſagt, darauf be¬ ruht eigentlich der Grund aller Haushaltung; ſo

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Wilhelm Meisters Lehrjahre. Bd. 4. Frankfurt (Main) u. a., 1796, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_lehrjahre04_1796/84>, abgerufen am 26.11.2024.