Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

Bild:
<< vorherige Seite

Ungenügsam das Herz, so muß es vieles ver-
   missen.

Wer den Geist der Gierigkeit hat, er lebt nur
   in Sorgen,

Niemand sättiget ihn. Frau Gieremund hat
   es erfahren

Da sie im Eise befror. Sie dankt nun mei-
   ner Bemühung

Schlecht. Das hab' ich davon, daß ich ihr
   redlich geholfen!

Denn ich schob und wollte mit allen Kräften
   sie heben,

Doch sie war mir zu schwer, und über dieser
   Bemühung

Traf mich Isegrim an, der längst dem Ufer
   daher ging,

Stand dadroben und rief und fluchte grimmig
   herunter.

Ja fürwahr ich erschrak, den schönen Seegen
   zu hören.

Ungenuͤgsam das Herz, so muß es vieles ver-
   missen.

Wer den Geist der Gierigkeit hat, er lebt nur
   in Sorgen,

Niemand saͤttiget ihn. Frau Gieremund hat
   es erfahren

Da sie im Eise befror. Sie dankt nun mei-
   ner Bemuͤhung

Schlecht. Das hab' ich davon, daß ich ihr
   redlich geholfen!

Denn ich schob und wollte mit allen Kraͤften
   sie heben,

Doch sie war mir zu schwer, und uͤber dieser
   Bemuͤhung

Traf mich Isegrim an, der laͤngst dem Ufer
   daher ging,

Stand dadroben und rief und fluchte grimmig
   herunter.

Ja fuͤrwahr ich erschrak, den schoͤnen Seegen
   zu hoͤren.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <div type="poem">
          <lg type="poem">
            <lg n="2">
              <pb facs="#f0420" n="412"/>
              <l>Ungenu&#x0364;gsam das Herz, so muß es vieles ver-<lb/><space dim="horizontal"/>missen.</l><lb/>
              <l>Wer den Geist der Gierigkeit hat, er lebt nur<lb/><space dim="horizontal"/>in Sorgen,</l><lb/>
              <l>Niemand sa&#x0364;ttiget ihn. Frau Gieremund hat<lb/><space dim="horizontal"/>es erfahren</l><lb/>
              <l>Da sie im Eise befror. Sie dankt nun mei-<lb/><space dim="horizontal"/>ner Bemu&#x0364;hung</l><lb/>
              <l>Schlecht. Das hab' ich davon, daß ich ihr<lb/><space dim="horizontal"/>redlich geholfen!</l><lb/>
              <l>Denn ich schob und wollte mit allen Kra&#x0364;ften<lb/><space dim="horizontal"/>sie heben,</l><lb/>
              <l>Doch sie war mir zu schwer, und u&#x0364;ber dieser<lb/><space dim="horizontal"/>Bemu&#x0364;hung</l><lb/>
              <l>Traf mich Isegrim an, der la&#x0364;ngst dem Ufer<lb/><space dim="horizontal"/>daher ging,</l><lb/>
              <l>Stand dadroben und rief und fluchte grimmig<lb/><space dim="horizontal"/>herunter.</l><lb/>
              <l>Ja fu&#x0364;rwahr ich erschrak, den scho&#x0364;nen Seegen<lb/><space dim="horizontal"/>zu ho&#x0364;ren.</l><lb/>
            </lg>
          </lg>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[412/0420] Ungenuͤgsam das Herz, so muß es vieles ver- missen. Wer den Geist der Gierigkeit hat, er lebt nur in Sorgen, Niemand saͤttiget ihn. Frau Gieremund hat es erfahren Da sie im Eise befror. Sie dankt nun mei- ner Bemuͤhung Schlecht. Das hab' ich davon, daß ich ihr redlich geholfen! Denn ich schob und wollte mit allen Kraͤften sie heben, Doch sie war mir zu schwer, und uͤber dieser Bemuͤhung Traf mich Isegrim an, der laͤngst dem Ufer daher ging, Stand dadroben und rief und fluchte grimmig herunter. Ja fuͤrwahr ich erschrak, den schoͤnen Seegen zu hoͤren.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Friedrich von Fuchs, Reineke-Fuchs-Sammlung: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-09-02T14:50:32Z)
Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-09-02T14:50:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/420
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 412. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/420>, abgerufen am 01.11.2024.