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Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2).

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Hieß mich Oheim, und that so bekannt, so
   wenig die Närrin

Auch zu meinem Geschlechte gehört. Doch
   konnte für diesmal

Gar nicht schaden sie Muhme zu heißen. Ich
   schwitzte dazwischen

Ueber und über vor Angst. Allein sie redete
   freundlich:

Reinecke, werther Verwandter, ich heiß euch
   schönstens willkommen!

Seyd ihr auch wohl? Ich bin euch mein gan-
   zes Leben verbunden

Daß ihr zu mir gekommen. Ihr lehret kluge
   Gedanken

Meine Kinder fortan, daß sie zu Ehren ge-
   langen.

Also hört ich sie reden, das hatt' ich mit we-
   nigen Worten

Daß ich sie Muhme genannt und daß ich die
   Wahrheit geschonet

Hieß mich Oheim, und that so bekannt, so
   wenig die Naͤrrin

Auch zu meinem Geschlechte gehoͤrt. Doch
   konnte fuͤr diesmal

Gar nicht schaden sie Muhme zu heißen. Ich
   schwitzte dazwischen

Ueber und uͤber vor Angst. Allein sie redete
   freundlich:

Reinecke, werther Verwandter, ich heiß euch
   schoͤnstens willkommen!

Seyd ihr auch wohl? Ich bin euch mein gan-
   zes Leben verbunden

Daß ihr zu mir gekommen. Ihr lehret kluge
   Gedanken

Meine Kinder fortan, daß sie zu Ehren ge-
   langen.

Also hoͤrt ich sie reden, das hatt' ich mit we-
   nigen Worten

Daß ich sie Muhme genannt und daß ich die
   Wahrheit geschonet

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[427/0435] Hieß mich Oheim, und that so bekannt, so wenig die Naͤrrin Auch zu meinem Geschlechte gehoͤrt. Doch konnte fuͤr diesmal Gar nicht schaden sie Muhme zu heißen. Ich schwitzte dazwischen Ueber und uͤber vor Angst. Allein sie redete freundlich: Reinecke, werther Verwandter, ich heiß euch schoͤnstens willkommen! Seyd ihr auch wohl? Ich bin euch mein gan- zes Leben verbunden Daß ihr zu mir gekommen. Ihr lehret kluge Gedanken Meine Kinder fortan, daß sie zu Ehren ge- langen. Also hoͤrt ich sie reden, das hatt' ich mit we- nigen Worten Daß ich sie Muhme genannt und daß ich die Wahrheit geschonet

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Reinecke Fuchs. In zwölf Gesängen. Berlin, 1794 (= Goethe's Neue Schriften, Bd. 2), S. 427. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_reineke_1794/435>, abgerufen am 31.10.2024.