Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Auf keinem Boden darf ich niedrig seyn,Erniedrigung auf keinem Boden dulden. Wenn dieses Herz, es sey auch wo es will, Dir fehlt und sich, dann strafe, dann verstoße, Und laß mich nie dein Auge wiedersehn. Antonio. Wie leicht der Jüngling schwere Lasten trägt Und Fehler wie den Staub vom Kleide schüt- telt! Es wäre zu verwundern, wenn die Zauber- kraft Der Dichtung nicht bekannter wäre, die Mit dem Unmöglichen so gern ihr Spiel Zu treiben liebt. Ob du auch so, mein Fürst, Ob alle deine Diener diese That So unbedeutend halten, zweifl' ich fast. Die Majestät verbreitet ihren Schutz Auf jeden, der sich ihr wie einer Gottheit Und ihrer unverletzten Wohnung naht. Wie an dem Fuße des Altars, bezähmt Sich auf der Schwelle jede Leidenschaft. Goethe's W. 6. B. G
Ein Schauſpiel. Auf keinem Boden darf ich niedrig ſeyn,Erniedrigung auf keinem Boden dulden. Wenn dieſes Herz, es ſey auch wo es will, Dir fehlt und ſich, dann ſtrafe, dann verſtoße, Und laß mich nie dein Auge wiederſehn. Antonio. Wie leicht der Jüngling ſchwere Laſten trägt Und Fehler wie den Staub vom Kleide ſchüt- telt! Es wäre zu verwundern, wenn die Zauber- kraft Der Dichtung nicht bekannter wäre, die Mit dem Unmöglichen ſo gern ihr Spiel Zu treiben liebt. Ob du auch ſo, mein Fürſt, Ob alle deine Diener dieſe That So unbedeutend halten, zweifl’ ich faſt. Die Majeſtät verbreitet ihren Schutz Auf jeden, der ſich ihr wie einer Gottheit Und ihrer unverletzten Wohnung naht. Wie an dem Fuße des Altars, bezähmt Sich auf der Schwelle jede Leidenſchaft. Goethe’s W. 6. B. G
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Ein Schauſpiel.
Auf keinem Boden darf ich niedrig ſeyn,
Erniedrigung auf keinem Boden dulden.
Wenn dieſes Herz, es ſey auch wo es will,
Dir fehlt und ſich, dann ſtrafe, dann verſtoße,
Und laß mich nie dein Auge wiederſehn.
Antonio.
Wie leicht der Jüngling ſchwere Laſten trägt
Und Fehler wie den Staub vom Kleide ſchüt-
telt!
Es wäre zu verwundern, wenn die Zauber-
kraft
Der Dichtung nicht bekannter wäre, die
Mit dem Unmöglichen ſo gern ihr Spiel
Zu treiben liebt. Ob du auch ſo, mein Fürſt,
Ob alle deine Diener dieſe That
So unbedeutend halten, zweifl’ ich faſt.
Die Majeſtät verbreitet ihren Schutz
Auf jeden, der ſich ihr wie einer Gottheit
Und ihrer unverletzten Wohnung naht.
Wie an dem Fuße des Altars, bezähmt
Sich auf der Schwelle jede Leidenſchaft.
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