Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. So glatt und so bedingt zu sprechen, daßSein Lob erst recht zum Tadel wird, und daß Nichts mehr, nichts tiefer dich verletzt, als Lob Aus seinem Munde. Leonore. Möchtest du, mein Freund, Vernommen haben, wie er sonst von dir Und dem Talente sprach, das dir vor vielen Die gütige Natur verlieh. Er fühlt gewiß, Das was du bist und hast, und schätzt es auch. Tasso. O glaube mir, ein selbstisches Gemüth Kann nicht der Qual des engen Neid's ent- fliehen. Ein solcher Mann verzeiht dem andern wohl Vermögen, Stand und Ehre; denn er denkt, Das hast du selbst, das hast du wenn du willst, Wenn du beharrst, wenn dich das Glück be- günstigt. Doch das, was die Natur allein verleiht, Was jeglicher Bemühung, jedem Streben Ein Schauſpiel. So glatt und ſo bedingt zu ſprechen, daßSein Lob erſt recht zum Tadel wird, und daß Nichts mehr, nichts tiefer dich verletzt, als Lob Aus ſeinem Munde. Leonore. Möchteſt du, mein Freund, Vernommen haben, wie er ſonſt von dir Und dem Talente ſprach, das dir vor vielen Die gütige Natur verlieh. Er fühlt gewiß, Das was du biſt und haſt, und ſchätzt es auch. Taſſo. O glaube mir, ein ſelbſtiſches Gemüth Kann nicht der Qual des engen Neid’s ent- fliehen. Ein ſolcher Mann verzeiht dem andern wohl Vermögen, Stand und Ehre; denn er denkt, Das haſt du ſelbſt, das haſt du wenn du willſt, Wenn du beharrſt, wenn dich das Glück be- günſtigt. Doch das, was die Natur allein verleiht, Was jeglicher Bemühung, jedem Streben <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#TAS"> <p><pb facs="#f0157" n="149"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> So glatt und ſo bedingt zu ſprechen, daß<lb/> Sein Lob erſt recht zum Tadel wird, und daß<lb/> Nichts mehr, nichts tiefer dich verletzt, als Lob<lb/> Aus ſeinem Munde.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonore</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Möchteſt du, mein Freund,</hi><lb/> Vernommen haben, wie er ſonſt von dir<lb/> Und dem Talente ſprach, das dir vor vielen<lb/> Die gütige Natur verlieh. Er fühlt gewiß,<lb/> Das was du biſt und haſt, und ſchätzt es auch.</p> </sp><lb/> <sp who="#TAS"> <speaker><hi rendition="#g">Taſſo</hi>.</speaker><lb/> <p>O glaube mir, ein ſelbſtiſches Gemüth<lb/> Kann nicht der Qual des engen Neid’s ent-<lb/> fliehen.<lb/> Ein ſolcher Mann verzeiht dem andern wohl<lb/> Vermögen, Stand und Ehre; denn er denkt,<lb/> Das haſt du ſelbſt, das haſt du wenn du willſt,<lb/> Wenn du beharrſt, wenn dich das Glück be-<lb/> günſtigt.<lb/> Doch das, was die Natur allein verleiht,<lb/> Was jeglicher Bemühung, jedem Streben<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [149/0157]
Ein Schauſpiel.
So glatt und ſo bedingt zu ſprechen, daß
Sein Lob erſt recht zum Tadel wird, und daß
Nichts mehr, nichts tiefer dich verletzt, als Lob
Aus ſeinem Munde.
Leonore.
Möchteſt du, mein Freund,
Vernommen haben, wie er ſonſt von dir
Und dem Talente ſprach, das dir vor vielen
Die gütige Natur verlieh. Er fühlt gewiß,
Das was du biſt und haſt, und ſchätzt es auch.
Taſſo.
O glaube mir, ein ſelbſtiſches Gemüth
Kann nicht der Qual des engen Neid’s ent-
fliehen.
Ein ſolcher Mann verzeiht dem andern wohl
Vermögen, Stand und Ehre; denn er denkt,
Das haſt du ſelbſt, das haſt du wenn du willſt,
Wenn du beharrſt, wenn dich das Glück be-
günſtigt.
Doch das, was die Natur allein verleiht,
Was jeglicher Bemühung, jedem Streben
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