Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Tasso. Nein, diese Stunde noch, Wenn's möglich ist! Es brennen mir die Soh- len Auf diesem Marmorboden; eher kann Mein Geist nicht Ruhe finden, bis der Staub Des freyen Wegs mich Eilenden umgibt. Ich bitte dich! Du siehst, wie ungeschickt In diesem Augenblick ich sey mit meinem Herrn Zu reden; siehst -- wie kann ich das verber- gen -- Daß ich mir selbst in diesem Augenblick, Mir keine Macht der Welt gebiethen kann. Nur Fesseln sind es, die mich halten können! Alphons ist kein Tyrann, er sprach mich frey. Wie gern gehorcht' ich seinen Worten sonst! Heut kann ich nicht gehorchen. Heute nur Laßt mich in Freyheit, daß mein Geist sich finde! Ich kehre bald zu meiner Pflicht zurück. Torquato Taſſo Taſſo. Nein, dieſe Stunde noch, Wenn’s möglich iſt! Es brennen mir die Soh- len Auf dieſem Marmorboden; eher kann Mein Geiſt nicht Ruhe finden, bis der Staub Des freyen Wegs mich Eilenden umgibt. Ich bitte dich! Du ſiehſt, wie ungeſchickt In dieſem Augenblick ich ſey mit meinem Herrn Zu reden; ſiehſt — wie kann ich das verber- gen — Daß ich mir ſelbſt in dieſem Augenblick, Mir keine Macht der Welt gebiethen kann. Nur Feſſeln ſind es, die mich halten können! Alphons iſt kein Tyrann, er ſprach mich frey. Wie gern gehorcht’ ich ſeinen Worten ſonſt! Heut kann ich nicht gehorchen. Heute nur Laßt mich in Freyheit, daß mein Geiſt ſich finde! Ich kehre bald zu meiner Pflicht zurück. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0182" n="174"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi> </fw><lb/> <sp who="#TAS"> <speaker><hi rendition="#g">Taſſo</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Nein, dieſe Stunde noch,</hi><lb/> Wenn’s möglich iſt! Es brennen mir die Soh-<lb/> len<lb/> Auf dieſem Marmorboden; eher kann<lb/> Mein Geiſt nicht Ruhe finden, bis der<lb/> Staub<lb/> Des freyen Wegs mich Eilenden umgibt.<lb/> Ich bitte dich! Du ſiehſt, wie ungeſchickt<lb/> In dieſem Augenblick ich ſey mit meinem<lb/> Herrn<lb/> Zu reden; ſiehſt — wie kann ich das verber-<lb/> gen —<lb/> Daß ich mir ſelbſt in dieſem Augenblick,<lb/> Mir keine Macht der Welt gebiethen kann.<lb/> Nur Feſſeln ſind es, die mich halten können!<lb/> Alphons iſt kein Tyrann, er ſprach mich frey.<lb/> Wie gern gehorcht’ ich ſeinen Worten ſonſt!<lb/> Heut kann ich nicht gehorchen. Heute nur<lb/> Laßt mich in Freyheit, daß mein Geiſt ſich<lb/> finde!<lb/> Ich kehre bald zu meiner Pflicht zurück.</p> </sp><lb/> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [174/0182]
Torquato Taſſo
Taſſo.
Nein, dieſe Stunde noch,
Wenn’s möglich iſt! Es brennen mir die Soh-
len
Auf dieſem Marmorboden; eher kann
Mein Geiſt nicht Ruhe finden, bis der
Staub
Des freyen Wegs mich Eilenden umgibt.
Ich bitte dich! Du ſiehſt, wie ungeſchickt
In dieſem Augenblick ich ſey mit meinem
Herrn
Zu reden; ſiehſt — wie kann ich das verber-
gen —
Daß ich mir ſelbſt in dieſem Augenblick,
Mir keine Macht der Welt gebiethen kann.
Nur Feſſeln ſind es, die mich halten können!
Alphons iſt kein Tyrann, er ſprach mich frey.
Wie gern gehorcht’ ich ſeinen Worten ſonſt!
Heut kann ich nicht gehorchen. Heute nur
Laßt mich in Freyheit, daß mein Geiſt ſich
finde!
Ich kehre bald zu meiner Pflicht zurück.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/182 |
Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 174. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/182>, abgerufen am 16.02.2025. |