Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Alphons. Du hättest Recht, Antonio, wenn in ihm Ich meinen nächsten Vortheil suchen wollte! Zwar ist es schon mein Vortheil, daß ich nicht Den Nutzen g'rad' und unbedingt erwarte. Nicht alles dienet uns auf gleiche Weise; Wer vieles brauchen will, gebrauche jedes In seiner Art, so ist er wohl bedient. Das haben uns die Medicis gelehrt, Das haben uns die Päbste selbst gewiesen. Mit welcher Nachsicht, welcher fürstlichen Geduld und Langmuth trugen diese Männer Manch groß Talent, das ihrer reichen Gnade Nicht zu bedürfen schien und doch bedurfte! Antonio. Wer weiß es nicht, mein Fürst? Des Lebens Mühe Lehrt uns allein des Lebens Güter schätzen. So jung hat er zu vieles schon erreicht, Als daß genügsam er genießen könnte. O sollt' er erst erwerben, was ihm nun Torquato Taſſo Alphons. Du hätteſt Recht, Antonio, wenn in ihm Ich meinen nächſten Vortheil ſuchen wollte! Zwar iſt es ſchon mein Vortheil, daß ich nicht Den Nutzen g’rad’ und unbedingt erwarte. Nicht alles dienet uns auf gleiche Weiſe; Wer vieles brauchen will, gebrauche jedes In ſeiner Art, ſo iſt er wohl bedient. Das haben uns die Medicis gelehrt, Das haben uns die Päbſte ſelbſt gewieſen. Mit welcher Nachſicht, welcher fürſtlichen Geduld und Langmuth trugen dieſe Männer Manch groß Talent, das ihrer reichen Gnade Nicht zu bedürfen ſchien und doch bedurfte! Antonio. Wer weiß es nicht, mein Fürſt? Des Lebens Mühe Lehrt uns allein des Lebens Güter ſchätzen. So jung hat er zu vieles ſchon erreicht, Als daß genügſam er genießen könnte. O ſollt’ er erſt erwerben, was ihm nun <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0198" n="190"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi> </fw><lb/> <sp who="#ALP"> <speaker><hi rendition="#g">Alphons</hi>.</speaker><lb/> <p>Du hätteſt Recht, Antonio, wenn in ihm<lb/> Ich meinen nächſten Vortheil ſuchen wollte!<lb/> Zwar iſt es ſchon mein Vortheil, daß ich nicht<lb/> Den Nutzen g’rad’ und unbedingt erwarte.<lb/> Nicht alles dienet uns auf gleiche Weiſe;<lb/> Wer vieles brauchen will, gebrauche jedes<lb/> In ſeiner Art, ſo iſt er wohl bedient.<lb/> Das haben uns die Medicis gelehrt,<lb/> Das haben uns die Päbſte ſelbſt gewieſen.<lb/> Mit welcher Nachſicht, welcher fürſtlichen<lb/> Geduld und Langmuth trugen dieſe Männer<lb/> Manch groß Talent, das ihrer reichen Gnade<lb/> Nicht zu bedürfen ſchien und doch bedurfte!</p> </sp><lb/> <sp who="#ANT"> <speaker><hi rendition="#g">Antonio</hi>.</speaker><lb/> <p>Wer weiß es nicht, mein Fürſt? Des Lebens<lb/> Mühe<lb/> Lehrt uns allein des Lebens Güter ſchätzen.<lb/> So jung hat er zu vieles ſchon erreicht,<lb/> Als daß genügſam er genießen könnte.<lb/> O ſollt’ er erſt erwerben, was ihm nun<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0198]
Torquato Taſſo
Alphons.
Du hätteſt Recht, Antonio, wenn in ihm
Ich meinen nächſten Vortheil ſuchen wollte!
Zwar iſt es ſchon mein Vortheil, daß ich nicht
Den Nutzen g’rad’ und unbedingt erwarte.
Nicht alles dienet uns auf gleiche Weiſe;
Wer vieles brauchen will, gebrauche jedes
In ſeiner Art, ſo iſt er wohl bedient.
Das haben uns die Medicis gelehrt,
Das haben uns die Päbſte ſelbſt gewieſen.
Mit welcher Nachſicht, welcher fürſtlichen
Geduld und Langmuth trugen dieſe Männer
Manch groß Talent, das ihrer reichen Gnade
Nicht zu bedürfen ſchien und doch bedurfte!
Antonio.
Wer weiß es nicht, mein Fürſt? Des Lebens
Mühe
Lehrt uns allein des Lebens Güter ſchätzen.
So jung hat er zu vieles ſchon erreicht,
Als daß genügſam er genießen könnte.
O ſollt’ er erſt erwerben, was ihm nun
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