Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Torquato Tasso Tasso. So laßt mich denn beschämt von hinnen gehn! Laßt mich mein Glück im tiefen Hain ver- bergen, Wie ich sonst meine Schmerzen dort verbarg. Dort will ich einsam wandeln, dort erinnert Kein Auge mich an's unverdiente Glück. Und zeigt mir ungefähr ein klarer Brunnen In seinem reinen Spiegel einen Mann, Der wunderbar bekränzt im Wiederschein Des Himmels zwischen Bäumen, zwischen Felsen Nachdenkend ruht: so scheint es mir, ich sehe Elysium auf dieser Zauberfläche Gebildet. Still bedenk' ich mich und frage, Wer mag der Abgeschiedne seyn? Der Jüng- ling Aus der vergangnen Zeit? So schön bekränzt? Wer sagt mir seinen Nahmen? Sein Verdienst? Ich warte lang' und denke: käme doch Ein andrer und noch einer, sich zu ihm In freundlichem Gespräche zu gesellen! Torquato Taſſo Taſſo. So laßt mich denn beſchämt von hinnen gehn! Laßt mich mein Glück im tiefen Hain ver- bergen, Wie ich ſonſt meine Schmerzen dort verbarg. Dort will ich einſam wandeln, dort erinnert Kein Auge mich an’s unverdiente Glück. Und zeigt mir ungefähr ein klarer Brunnen In ſeinem reinen Spiegel einen Mann, Der wunderbar bekränzt im Wiederſchein Des Himmels zwiſchen Bäumen, zwiſchen Felſen Nachdenkend ruht: ſo ſcheint es mir, ich ſehe Elyſium auf dieſer Zauberfläche Gebildet. Still bedenk’ ich mich und frage, Wer mag der Abgeſchiedne ſeyn? Der Jüng- ling Aus der vergangnen Zeit? So ſchön bekränzt? Wer ſagt mir ſeinen Nahmen? Sein Verdienſt? Ich warte lang’ und denke: käme doch Ein andrer und noch einer, ſich zu ihm In freundlichem Geſpräche zu geſellen! <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0044" n="36"/> <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#g">Torquato Taſſo</hi> </fw><lb/> <sp who="#TAS"> <speaker><hi rendition="#g">Taſſo</hi>.</speaker><lb/> <p>So laßt mich denn beſchämt von hinnen gehn!<lb/> Laßt mich mein Glück im tiefen Hain ver-<lb/> bergen,<lb/> Wie ich ſonſt meine Schmerzen dort verbarg.<lb/> Dort will ich einſam wandeln, dort erinnert<lb/> Kein Auge mich an’s unverdiente Glück.<lb/> Und zeigt mir ungefähr ein klarer Brunnen<lb/> In ſeinem reinen Spiegel einen Mann,<lb/> Der wunderbar bekränzt im Wiederſchein<lb/> Des Himmels zwiſchen Bäumen, zwiſchen<lb/> Felſen<lb/> Nachdenkend ruht: ſo ſcheint es mir, ich ſehe<lb/> Elyſium auf dieſer Zauberfläche<lb/> Gebildet. Still bedenk’ ich mich und frage,<lb/> Wer mag der Abgeſchiedne ſeyn? Der Jüng-<lb/> ling<lb/> Aus der vergangnen Zeit? So ſchön bekränzt?<lb/> Wer ſagt mir ſeinen Nahmen? Sein Verdienſt?<lb/> Ich warte lang’ und denke: käme doch<lb/> Ein andrer und noch einer, ſich zu ihm<lb/> In freundlichem Geſpräche zu geſellen!<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [36/0044]
Torquato Taſſo
Taſſo.
So laßt mich denn beſchämt von hinnen gehn!
Laßt mich mein Glück im tiefen Hain ver-
bergen,
Wie ich ſonſt meine Schmerzen dort verbarg.
Dort will ich einſam wandeln, dort erinnert
Kein Auge mich an’s unverdiente Glück.
Und zeigt mir ungefähr ein klarer Brunnen
In ſeinem reinen Spiegel einen Mann,
Der wunderbar bekränzt im Wiederſchein
Des Himmels zwiſchen Bäumen, zwiſchen
Felſen
Nachdenkend ruht: ſo ſcheint es mir, ich ſehe
Elyſium auf dieſer Zauberfläche
Gebildet. Still bedenk’ ich mich und frage,
Wer mag der Abgeſchiedne ſeyn? Der Jüng-
ling
Aus der vergangnen Zeit? So ſchön bekränzt?
Wer ſagt mir ſeinen Nahmen? Sein Verdienſt?
Ich warte lang’ und denke: käme doch
Ein andrer und noch einer, ſich zu ihm
In freundlichem Geſpräche zu geſellen!
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