Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Er, der von Jugend auf dem Staat gedient,Beherrscht ihn jetzt und wirkt auf jene Höfe, Die er vor Jahren als Gesandter schon Gesehen und gekannt und oft gelenkt. Es liegt die Welt so klar vor seinem Blick Als wie der Vortheil seines eignen Staats. Wenn man ihn handeln sieht, so lobt man ihn Und freut sich, wenn die Zeit entdeckt was er Im Stillen lang bereitet und vollbracht. Es ist kein schönrer Anblick in der Welt Als einen Fürsten sehn der klug regiert; Das Reich zu sehn, wo jeder stolz gehorcht, Wo jeder sich nur selbst zu dienen glaubt Weil ihm das Rechte nur befohlen wird. Leonore. Wie sehnlich wünscht' ich jene Welt einmal Recht nah zu sehn! Alphons. Doch wohl um mit zu wirken? Denn bloß beschaun wird Leonore nie. Es wäre doch recht artig, meine Freundinn, Ein Schauſpiel. Er, der von Jugend auf dem Staat gedient,Beherrſcht ihn jetzt und wirkt auf jene Höfe, Die er vor Jahren als Geſandter ſchon Geſehen und gekannt und oft gelenkt. Es liegt die Welt ſo klar vor ſeinem Blick Als wie der Vortheil ſeines eignen Staats. Wenn man ihn handeln ſieht, ſo lobt man ihn Und freut ſich, wenn die Zeit entdeckt was er Im Stillen lang bereitet und vollbracht. Es iſt kein ſchönrer Anblick in der Welt Als einen Fürſten ſehn der klug regiert; Das Reich zu ſehn, wo jeder ſtolz gehorcht, Wo jeder ſich nur ſelbſt zu dienen glaubt Weil ihm das Rechte nur befohlen wird. Leonore. Wie ſehnlich wünſcht’ ich jene Welt einmal Recht nah zu ſehn! Alphons. Doch wohl um mit zu wirken? Denn bloß beſchaun wird Leonore nie. Es wäre doch recht artig, meine Freundinn, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#ANT"> <p><pb facs="#f0051" n="43"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> Er, der von Jugend auf dem Staat gedient,<lb/> Beherrſcht ihn jetzt und wirkt auf jene Höfe,<lb/> Die er vor Jahren als Geſandter ſchon<lb/> Geſehen und gekannt und oft gelenkt.<lb/> Es liegt die Welt ſo klar vor ſeinem Blick<lb/> Als wie der Vortheil ſeines eignen Staats.<lb/> Wenn man ihn handeln ſieht, ſo lobt man ihn<lb/> Und freut ſich, wenn die Zeit entdeckt was er<lb/> Im Stillen lang bereitet und vollbracht.<lb/> Es iſt kein ſchönrer Anblick in der Welt<lb/> Als einen Fürſten ſehn der klug regiert;<lb/> Das Reich zu ſehn, wo jeder ſtolz gehorcht,<lb/> Wo jeder ſich nur ſelbſt zu dienen glaubt<lb/> Weil ihm das Rechte nur befohlen wird.</p> </sp><lb/> <sp who="#LEO"> <speaker><hi rendition="#g">Leonore</hi>.</speaker><lb/> <p>Wie ſehnlich wünſcht’ ich jene Welt einmal<lb/> Recht nah zu ſehn!</p> </sp><lb/> <sp who="#ALP"> <speaker><hi rendition="#g">Alphons</hi>.</speaker><lb/> <p><hi rendition="#et">Doch wohl um mit zu wirken?</hi><lb/> Denn bloß beſchaun wird Leonore nie.<lb/> Es wäre doch recht artig, meine Freundinn,<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0051]
Ein Schauſpiel.
Er, der von Jugend auf dem Staat gedient,
Beherrſcht ihn jetzt und wirkt auf jene Höfe,
Die er vor Jahren als Geſandter ſchon
Geſehen und gekannt und oft gelenkt.
Es liegt die Welt ſo klar vor ſeinem Blick
Als wie der Vortheil ſeines eignen Staats.
Wenn man ihn handeln ſieht, ſo lobt man ihn
Und freut ſich, wenn die Zeit entdeckt was er
Im Stillen lang bereitet und vollbracht.
Es iſt kein ſchönrer Anblick in der Welt
Als einen Fürſten ſehn der klug regiert;
Das Reich zu ſehn, wo jeder ſtolz gehorcht,
Wo jeder ſich nur ſelbſt zu dienen glaubt
Weil ihm das Rechte nur befohlen wird.
Leonore.
Wie ſehnlich wünſcht’ ich jene Welt einmal
Recht nah zu ſehn!
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Zitationshilfe: | Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790, S. 43. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_torquato_1790/51>, abgerufen am 16.02.2025. |