Goethe, Johann Wolfgang von: Torquato Tasso. Leipzig, 1790.Ein Schauspiel. Und manchen traurigen Gedanken leiden.Mit breiten Flügeln schwebte mir das Bild Des Todes vor den Augen, deckte mir Die Aussicht in die immer neue Welt. Nur nach und nach entfernt' es sich, und ließ Mich, wie durch einen Flor, die bunten Farben Des Lebens, blaß doch angenehm, erblicken. Ich sah' lebend'ge Formen wieder sanft sich regen. Zum erstenmal trat ich, noch unterstützt Von meinen Frauen, aus dem Krankenzim- mer, Da kam Lukretia voll frohen Lebens Herbey und führte dich an ihrer Hand. Du warst der erste, der im neuen Leben Mir neu und unbekannt entgegen trat. Da hofft' ich viel für dich und mich, auch hat Uns bis hierher die Hoffnung nicht betrogen. Tasso. Und ich, der ich betäubt von dem Gewimmel Des drängenden Gewühls, von so viel Glanz Ein Schauſpiel. Und manchen traurigen Gedanken leiden.Mit breiten Flügeln ſchwebte mir das Bild Des Todes vor den Augen, deckte mir Die Ausſicht in die immer neue Welt. Nur nach und nach entfernt’ es ſich, und ließ Mich, wie durch einen Flor, die bunten Farben Des Lebens, blaß doch angenehm, erblicken. Ich ſah’ lebend’ge Formen wieder ſanft ſich regen. Zum erſtenmal trat ich, noch unterſtützt Von meinen Frauen, aus dem Krankenzim- mer, Da kam Lukretia voll frohen Lebens Herbey und führte dich an ihrer Hand. Du warſt der erſte, der im neuen Leben Mir neu und unbekannt entgegen trat. Da hofft’ ich viel für dich und mich, auch hat Uns bis hierher die Hoffnung nicht betrogen. Taſſo. Und ich, der ich betäubt von dem Gewimmel Des drängenden Gewühls, von ſo viel Glanz <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#PRI"> <p><pb facs="#f0065" n="57"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#g">Ein Schauſpiel</hi>.</fw><lb/> Und manchen traurigen Gedanken leiden.<lb/> Mit breiten Flügeln ſchwebte mir das Bild<lb/> Des Todes vor den Augen, deckte mir<lb/> Die Ausſicht in die immer neue Welt.<lb/> Nur nach und nach entfernt’ es ſich, und ließ<lb/> Mich, wie durch einen Flor, die bunten Farben<lb/> Des Lebens, blaß doch angenehm, erblicken.<lb/> Ich ſah’ lebend’ge Formen wieder ſanft ſich<lb/> regen.<lb/> Zum erſtenmal trat ich, noch unterſtützt<lb/> Von meinen Frauen, aus dem Krankenzim-<lb/> mer,<lb/> Da kam Lukretia voll frohen Lebens<lb/> Herbey und führte dich an ihrer Hand.<lb/> Du warſt der erſte, der im neuen Leben<lb/> Mir neu und unbekannt entgegen trat.<lb/> Da hofft’ ich viel für dich und mich, auch hat<lb/> Uns bis hierher die Hoffnung nicht betrogen.</p> </sp><lb/> <sp who="#TAS"> <speaker><hi rendition="#g">Taſſo</hi>.</speaker><lb/> <p>Und ich, der ich betäubt von dem Gewimmel<lb/> Des drängenden Gewühls, von ſo viel Glanz<lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [57/0065]
Ein Schauſpiel.
Und manchen traurigen Gedanken leiden.
Mit breiten Flügeln ſchwebte mir das Bild
Des Todes vor den Augen, deckte mir
Die Ausſicht in die immer neue Welt.
Nur nach und nach entfernt’ es ſich, und ließ
Mich, wie durch einen Flor, die bunten Farben
Des Lebens, blaß doch angenehm, erblicken.
Ich ſah’ lebend’ge Formen wieder ſanft ſich
regen.
Zum erſtenmal trat ich, noch unterſtützt
Von meinen Frauen, aus dem Krankenzim-
mer,
Da kam Lukretia voll frohen Lebens
Herbey und führte dich an ihrer Hand.
Du warſt der erſte, der im neuen Leben
Mir neu und unbekannt entgegen trat.
Da hofft’ ich viel für dich und mich, auch hat
Uns bis hierher die Hoffnung nicht betrogen.
Taſſo.
Und ich, der ich betäubt von dem Gewimmel
Des drängenden Gewühls, von ſo viel Glanz
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