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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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noch fortsetzen, ja durch keine Art von Tren¬
nung stören oder aufheben lassen.

Diese gute Eigenschaft besitzen vielleicht
die Männer noch mehr, versetzte die Baro¬
nesse; wenigstens an Ihnen, lieber Graf,
habe ich bemerkt, daß Niemand mehr Ge¬
walt über Sie hat als ein Frauenzimmer
dem Sie früher geneigt waren. So habe
ich gesehen, daß Sie auf die Vorsprache ei¬
ner solchen sich mehr Mühe gaben, um et¬
was auszuwirken, als vielleicht die Freun¬
dinn des Augenblicks von Ihnen erlangt
hätte.

Einen solchen Vorwurf darf man sich
wohl gefallen lassen, versetzte der Graf;
doch was Charlottens ersten Gemahl betrifft,
so konnte ich ihn deshalb nicht leiden, weil er
mir das schöne Paar auseinander sprengte,
ein wahrhaft prädestinirtes Paar, das ein¬
mal zusammengegeben weder fünf Jahre zu

noch fortſetzen, ja durch keine Art von Tren¬
nung ſtoͤren oder aufheben laſſen.

Dieſe gute Eigenſchaft beſitzen vielleicht
die Maͤnner noch mehr, verſetzte die Baro¬
neſſe; wenigſtens an Ihnen, lieber Graf,
habe ich bemerkt, daß Niemand mehr Ge¬
walt uͤber Sie hat als ein Frauenzimmer
dem Sie fruͤher geneigt waren. So habe
ich geſehen, daß Sie auf die Vorſprache ei¬
ner ſolchen ſich mehr Muͤhe gaben, um et¬
was auszuwirken, als vielleicht die Freun¬
dinn des Augenblicks von Ihnen erlangt
haͤtte.

Einen ſolchen Vorwurf darf man ſich
wohl gefallen laſſen, verſetzte der Graf;
doch was Charlottens erſten Gemahl betrifft,
ſo konnte ich ihn deshalb nicht leiden, weil er
mir das ſchoͤne Paar auseinander ſprengte,
ein wahrhaft praͤdeſtinirtes Paar, das ein¬
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[185/0190] noch fortſetzen, ja durch keine Art von Tren¬ nung ſtoͤren oder aufheben laſſen. Dieſe gute Eigenſchaft beſitzen vielleicht die Maͤnner noch mehr, verſetzte die Baro¬ neſſe; wenigſtens an Ihnen, lieber Graf, habe ich bemerkt, daß Niemand mehr Ge¬ walt uͤber Sie hat als ein Frauenzimmer dem Sie fruͤher geneigt waren. So habe ich geſehen, daß Sie auf die Vorſprache ei¬ ner ſolchen ſich mehr Muͤhe gaben, um et¬ was auszuwirken, als vielleicht die Freun¬ dinn des Augenblicks von Ihnen erlangt haͤtte. Einen ſolchen Vorwurf darf man ſich wohl gefallen laſſen, verſetzte der Graf; doch was Charlottens erſten Gemahl betrifft, ſo konnte ich ihn deshalb nicht leiden, weil er mir das ſchoͤne Paar auseinander ſprengte, ein wahrhaft praͤdeſtinirtes Paar, das ein¬ mal zuſammengegeben weder fuͤnf Jahre zu

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 185. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/190>, abgerufen am 23.11.2024.