nur immer mehr in dem Wahn bestärkte: in einen frühern beschränktern Zustand könne man zurückkehren, ein gewaltsam Entbundenes lasse sich wieder ins Enge bringen.
Eduard empfand indessen die Hindernisse sehr hoch, die man ihm in den Weg legte. Er bemerkte gar bald, daß man ihn und Ottilien auseinander hielt, daß man ihm er¬ schwerte sie allein zu sprechen, ja sich ihr zu nähern, außer in Gegenwart von mehreren; und indem er hierüber verdrießlich war, ward er es über manches andere. Konnte er Otti¬ lien flüchtig sprechen, so war es nicht nur sie seiner Liebe zu versichern, sondern sich auch über seine Gattinn, über den Hauptmann zu beschweren. Er fühlte nicht, daß er selbst durch sein heftiges Treiben die Casse zu er¬ schöpfen auf dem Wege war; er tadelte bitter Charlotten und den Hauptmann, daß sie bey dem Geschäft gegen die erste Abrede handel¬ ten, und doch hatte er in die zweyte Abrede
nur immer mehr in dem Wahn beſtaͤrkte: in einen fruͤhern beſchraͤnktern Zuſtand koͤnne man zuruͤckkehren, ein gewaltſam Entbundenes laſſe ſich wieder ins Enge bringen.
Eduard empfand indeſſen die Hinderniſſe ſehr hoch, die man ihm in den Weg legte. Er bemerkte gar bald, daß man ihn und Ottilien auseinander hielt, daß man ihm er¬ ſchwerte ſie allein zu ſprechen, ja ſich ihr zu naͤhern, außer in Gegenwart von mehreren; und indem er hieruͤber verdrießlich war, ward er es uͤber manches andere. Konnte er Otti¬ lien fluͤchtig ſprechen, ſo war es nicht nur ſie ſeiner Liebe zu verſichern, ſondern ſich auch uͤber ſeine Gattinn, uͤber den Hauptmann zu beſchweren. Er fuͤhlte nicht, daß er ſelbſt durch ſein heftiges Treiben die Caſſe zu er¬ ſchoͤpfen auf dem Wege war; er tadelte bitter Charlotten und den Hauptmann, daß ſie bey dem Geſchaͤft gegen die erſte Abrede handel¬ ten, und doch hatte er in die zweyte Abrede
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nur immer mehr in dem Wahn beſtaͤrkte: in
einen fruͤhern beſchraͤnktern Zuſtand koͤnne
man zuruͤckkehren, ein gewaltſam Entbundenes
laſſe ſich wieder ins Enge bringen.
Eduard empfand indeſſen die Hinderniſſe
ſehr hoch, die man ihm in den Weg legte.
Er bemerkte gar bald, daß man ihn und
Ottilien auseinander hielt, daß man ihm er¬
ſchwerte ſie allein zu ſprechen, ja ſich ihr zu
naͤhern, außer in Gegenwart von mehreren;
und indem er hieruͤber verdrießlich war, ward
er es uͤber manches andere. Konnte er Otti¬
lien fluͤchtig ſprechen, ſo war es nicht nur ſie
ſeiner Liebe zu verſichern, ſondern ſich auch
uͤber ſeine Gattinn, uͤber den Hauptmann zu
beſchweren. Er fuͤhlte nicht, daß er ſelbſt
durch ſein heftiges Treiben die Caſſe zu er¬
ſchoͤpfen auf dem Wege war; er tadelte bitter
Charlotten und den Hauptmann, daß ſie bey
dem Geſchaͤft gegen die erſte Abrede handel¬
ten, und doch hatte er in die zweyte Abrede
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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 228. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/233>, abgerufen am 26.11.2024.
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