Humor zu helfen, der aber, weil er ohne Liebe war, auch der gewohnten Anmuth er¬ mangelte.
Ueber alle diese Prüfungen half Charlot¬ ten ihr inneres Gefühl hinweg. Sie war sich ihres ernsten Vorsatzes bewußt, auf eine so schöne edle Neigung Verzicht zu thun.
Wie sehr wünscht sie jenen beyden auch zu Hülfe zu kommen. Entfernung, fühlte sie wohl, wird nicht allein hinreichend seyn, ein solches Uebel zu heilen. Sie nimmt sich vor die Sache gegen das gute Kind zur Sprache zu bringen; aber sie vermag es nicht; die Erinnerung ihres eignen Schwankens steht ihr im Wege. Sie sucht sich darüber im All¬ gemeinen auszudrücken; das Allgemeine paßt auch auf ihren eignen Zustand, den sie aus¬ zusprechen scheut. Ein jeder Wink, den sie Ottilien geben will, deutet zurück in ihr eignes Herz. Sie will warnen und fühlt, daß sie
Humor zu helfen, der aber, weil er ohne Liebe war, auch der gewohnten Anmuth er¬ mangelte.
Ueber alle dieſe Pruͤfungen half Charlot¬ ten ihr inneres Gefuͤhl hinweg. Sie war ſich ihres ernſten Vorſatzes bewußt, auf eine ſo ſchoͤne edle Neigung Verzicht zu thun.
Wie ſehr wuͤnſcht ſie jenen beyden auch zu Huͤlfe zu kommen. Entfernung, fuͤhlte ſie wohl, wird nicht allein hinreichend ſeyn, ein ſolches Uebel zu heilen. Sie nimmt ſich vor die Sache gegen das gute Kind zur Sprache zu bringen; aber ſie vermag es nicht; die Erinnerung ihres eignen Schwankens ſteht ihr im Wege. Sie ſucht ſich daruͤber im All¬ gemeinen auszudruͤcken; das Allgemeine paßt auch auf ihren eignen Zuſtand, den ſie aus¬ zuſprechen ſcheut. Ein jeder Wink, den ſie Ottilien geben will, deutet zuruͤck in ihr eignes Herz. Sie will warnen und fuͤhlt, daß ſie
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0238"n="233"/>
Humor zu helfen, der aber, weil er ohne<lb/>
Liebe war, auch der gewohnten Anmuth er¬<lb/>
mangelte.</p><lb/><p>Ueber alle dieſe Pruͤfungen half Charlot¬<lb/>
ten ihr inneres Gefuͤhl hinweg. Sie war<lb/>ſich ihres ernſten Vorſatzes bewußt, auf eine<lb/>ſo ſchoͤne edle Neigung Verzicht zu thun.</p><lb/><p>Wie ſehr wuͤnſcht ſie jenen beyden auch<lb/>
zu Huͤlfe zu kommen. Entfernung, fuͤhlte ſie<lb/>
wohl, wird nicht allein hinreichend ſeyn, ein<lb/>ſolches Uebel zu heilen. Sie nimmt ſich vor<lb/>
die Sache gegen das gute Kind zur Sprache<lb/>
zu bringen; aber ſie vermag es nicht; die<lb/>
Erinnerung ihres eignen Schwankens ſteht<lb/>
ihr im Wege. Sie ſucht ſich daruͤber im All¬<lb/>
gemeinen auszudruͤcken; das Allgemeine paßt<lb/>
auch auf ihren eignen Zuſtand, den ſie aus¬<lb/>
zuſprechen ſcheut. Ein jeder Wink, den ſie<lb/>
Ottilien geben will, deutet zuruͤck in ihr eignes<lb/>
Herz. Sie will warnen und fuͤhlt, daß ſie<lb/></p></div></body></text></TEI>
[233/0238]
Humor zu helfen, der aber, weil er ohne
Liebe war, auch der gewohnten Anmuth er¬
mangelte.
Ueber alle dieſe Pruͤfungen half Charlot¬
ten ihr inneres Gefuͤhl hinweg. Sie war
ſich ihres ernſten Vorſatzes bewußt, auf eine
ſo ſchoͤne edle Neigung Verzicht zu thun.
Wie ſehr wuͤnſcht ſie jenen beyden auch
zu Huͤlfe zu kommen. Entfernung, fuͤhlte ſie
wohl, wird nicht allein hinreichend ſeyn, ein
ſolches Uebel zu heilen. Sie nimmt ſich vor
die Sache gegen das gute Kind zur Sprache
zu bringen; aber ſie vermag es nicht; die
Erinnerung ihres eignen Schwankens ſteht
ihr im Wege. Sie ſucht ſich daruͤber im All¬
gemeinen auszudruͤcken; das Allgemeine paßt
auch auf ihren eignen Zuſtand, den ſie aus¬
zuſprechen ſcheut. Ein jeder Wink, den ſie
Ottilien geben will, deutet zuruͤck in ihr eignes
Herz. Sie will warnen und fuͤhlt, daß ſie
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 233. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/238>, abgerufen am 25.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.