Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

stellung tüchtiger Meister, theils mit Verdin¬
gen der Arbeit, wo sich's thun ließ, die
Sache förderte und dem Werke Sicherheit
und Dauer versprach; wobey sich der Haupt¬
mann im Stillen freute, daß man seine Ent¬
fernung nicht fühlen würde. Denn er hatte
den Grundsatz, aus einem übernommenen un¬
vollendeten Geschäft nicht zu scheiden, bis er
seine Stelle genugsam ersetzt sähe. Ja er ver¬
achtete diejenigen, die, um ihren Abgang fühl¬
bar zu machen, erst noch Verwirrung in ihrem
Kreise anrichten, indem sie als ungebildete
Selbstler das zu zerstören wünschen, wobey sie
nicht mehr fortwirken sollen.

So arbeitete man immer mit Anstrengung,
um Ottiliens Geburtstag zu verherrlichen, ohne
daß man es aussprach, oder sich's recht auf¬
richtig bekannte. Nach Charlottens obgleich
neidlosen Gesinnungen konnte es doch kein
entschiedenes Fest werden. Die Jugend Ot¬
tiliens, ihre Glücksumstände, das Verhältniß

ſtellung tuͤchtiger Meiſter, theils mit Verdin¬
gen der Arbeit, wo ſich's thun ließ, die
Sache foͤrderte und dem Werke Sicherheit
und Dauer verſprach; wobey ſich der Haupt¬
mann im Stillen freute, daß man ſeine Ent¬
fernung nicht fuͤhlen wuͤrde. Denn er hatte
den Grundſatz, aus einem uͤbernommenen un¬
vollendeten Geſchaͤft nicht zu ſcheiden, bis er
ſeine Stelle genugſam erſetzt ſaͤhe. Ja er ver¬
achtete diejenigen, die, um ihren Abgang fuͤhl¬
bar zu machen, erſt noch Verwirrung in ihrem
Kreiſe anrichten, indem ſie als ungebildete
Selbſtler das zu zerſtoͤren wuͤnſchen, wobey ſie
nicht mehr fortwirken ſollen.

So arbeitete man immer mit Anſtrengung,
um Ottiliens Geburtstag zu verherrlichen, ohne
daß man es ausſprach, oder ſich's recht auf¬
richtig bekannte. Nach Charlottens obgleich
neidloſen Geſinnungen konnte es doch kein
entſchiedenes Feſt werden. Die Jugend Ot¬
tiliens, ihre Gluͤcksumſtaͤnde, das Verhaͤltniß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0243" n="238"/>
&#x017F;tellung tu&#x0364;chtiger Mei&#x017F;ter, theils mit Verdin¬<lb/>
gen der Arbeit, wo &#x017F;ich's thun ließ, die<lb/>
Sache fo&#x0364;rderte und dem Werke Sicherheit<lb/>
und Dauer ver&#x017F;prach; wobey &#x017F;ich der Haupt¬<lb/>
mann im Stillen freute, daß man &#x017F;eine Ent¬<lb/>
fernung nicht fu&#x0364;hlen wu&#x0364;rde. Denn er hatte<lb/>
den Grund&#x017F;atz, aus einem u&#x0364;bernommenen un¬<lb/>
vollendeten Ge&#x017F;cha&#x0364;ft nicht zu &#x017F;cheiden, bis er<lb/>
&#x017F;eine Stelle genug&#x017F;am er&#x017F;etzt &#x017F;a&#x0364;he. Ja er ver¬<lb/>
achtete diejenigen, die, um ihren Abgang fu&#x0364;hl¬<lb/>
bar zu machen, er&#x017F;t noch Verwirrung in ihrem<lb/>
Krei&#x017F;e anrichten, indem &#x017F;ie als ungebildete<lb/>
Selb&#x017F;tler das zu zer&#x017F;to&#x0364;ren wu&#x0364;n&#x017F;chen, wobey &#x017F;ie<lb/>
nicht mehr fortwirken &#x017F;ollen.</p><lb/>
        <p>So arbeitete man immer mit An&#x017F;trengung,<lb/>
um Ottiliens Geburtstag zu verherrlichen, ohne<lb/>
daß man es aus&#x017F;prach, oder &#x017F;ich's recht auf¬<lb/>
richtig bekannte. Nach Charlottens obgleich<lb/>
neidlo&#x017F;en Ge&#x017F;innungen konnte es doch kein<lb/>
ent&#x017F;chiedenes Fe&#x017F;t werden. Die Jugend Ot¬<lb/>
tiliens, ihre Glu&#x0364;cksum&#x017F;ta&#x0364;nde, das Verha&#x0364;ltniß<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[238/0243] ſtellung tuͤchtiger Meiſter, theils mit Verdin¬ gen der Arbeit, wo ſich's thun ließ, die Sache foͤrderte und dem Werke Sicherheit und Dauer verſprach; wobey ſich der Haupt¬ mann im Stillen freute, daß man ſeine Ent¬ fernung nicht fuͤhlen wuͤrde. Denn er hatte den Grundſatz, aus einem uͤbernommenen un¬ vollendeten Geſchaͤft nicht zu ſcheiden, bis er ſeine Stelle genugſam erſetzt ſaͤhe. Ja er ver¬ achtete diejenigen, die, um ihren Abgang fuͤhl¬ bar zu machen, erſt noch Verwirrung in ihrem Kreiſe anrichten, indem ſie als ungebildete Selbſtler das zu zerſtoͤren wuͤnſchen, wobey ſie nicht mehr fortwirken ſollen. So arbeitete man immer mit Anſtrengung, um Ottiliens Geburtstag zu verherrlichen, ohne daß man es ausſprach, oder ſich's recht auf¬ richtig bekannte. Nach Charlottens obgleich neidloſen Geſinnungen konnte es doch kein entſchiedenes Feſt werden. Die Jugend Ot¬ tiliens, ihre Gluͤcksumſtaͤnde, das Verhaͤltniß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/243
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 238. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/243>, abgerufen am 17.05.2024.