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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809.

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Eduard an Charlotten.

Das Uebel, meine Liebe, das uns befal¬
len hat, mag heilbar seyn oder nicht, dieß
nur fühl' ich, wenn ich im Augenblicke nicht
verzweifeln soll, so muß ich Aufschub finden
für mich, für uns alle. Indem ich mich
aufopfre kann ich fordern. Ich verlasse mein
Haus und kehre nur unter günstigern ruhi¬
gern Aussichten zurück. Du sollst es indessen
besitzen, aber mit Ottilien. Bey dir will
ich sie wissen, nicht unter fremden Menschen.
Sorge für sie, behandle sie wie sonst, wie
bisher, ja nur immer liebevoller, freundlicher
und zarter. Ich verspreche kein heimliches
Verhältniß zu Ottilien zu suchen. Laßt mich
lieber eine Zeit lang ganz unwissend, wie ihr
lebt; ich will mir das Beste denken. Denkt
auch so von mir. Nur, was ich dich bitte,
auf das innigste, auf das lebhafteste: mache

Eduard an Charlotten.

Das Uebel, meine Liebe, das uns befal¬
len hat, mag heilbar ſeyn oder nicht, dieß
nur fuͤhl' ich, wenn ich im Augenblicke nicht
verzweifeln ſoll, ſo muß ich Aufſchub finden
fuͤr mich, fuͤr uns alle. Indem ich mich
aufopfre kann ich fordern. Ich verlaſſe mein
Haus und kehre nur unter guͤnſtigern ruhi¬
gern Ausſichten zuruͤck. Du ſollſt es indeſſen
beſitzen, aber mit Ottilien. Bey dir will
ich ſie wiſſen, nicht unter fremden Menſchen.
Sorge fuͤr ſie, behandle ſie wie ſonſt, wie
bisher, ja nur immer liebevoller, freundlicher
und zarter. Ich verſpreche kein heimliches
Verhaͤltniß zu Ottilien zu ſuchen. Laßt mich
lieber eine Zeit lang ganz unwiſſend, wie ihr
lebt; ich will mir das Beſte denken. Denkt
auch ſo von mir. Nur, was ich dich bitte,
auf das innigſte, auf das lebhafteſte: mache

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[267/0272] Eduard an Charlotten. Das Uebel, meine Liebe, das uns befal¬ len hat, mag heilbar ſeyn oder nicht, dieß nur fuͤhl' ich, wenn ich im Augenblicke nicht verzweifeln ſoll, ſo muß ich Aufſchub finden fuͤr mich, fuͤr uns alle. Indem ich mich aufopfre kann ich fordern. Ich verlaſſe mein Haus und kehre nur unter guͤnſtigern ruhi¬ gern Ausſichten zuruͤck. Du ſollſt es indeſſen beſitzen, aber mit Ottilien. Bey dir will ich ſie wiſſen, nicht unter fremden Menſchen. Sorge fuͤr ſie, behandle ſie wie ſonſt, wie bisher, ja nur immer liebevoller, freundlicher und zarter. Ich verſpreche kein heimliches Verhaͤltniß zu Ottilien zu ſuchen. Laßt mich lieber eine Zeit lang ganz unwiſſend, wie ihr lebt; ich will mir das Beſte denken. Denkt auch ſo von mir. Nur, was ich dich bitte, auf das innigſte, auf das lebhafteſte: mache

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 267. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/272>, abgerufen am 24.11.2024.