samkeit kehrt zu deiner Vorlesung zurück; ich höre daß von ganz leblosen Dingen die Rede ist, und blicke dir ins Buch, um mich wie¬ der zurecht zu finden.
Es ist eine Gleichnißrede, die dich ver¬ führt und verwirrt hat, sagte Eduard. Hier wird freylich nur von Erden und Mineralien gehandelt, aber der Mensch ist ein wahrer Narziß; er bespiegelt sich überall gern selbst; er legt sich als Folie der ganzen Welt unter.
Ja wohl! fuhr der Hauptmann fort: so behandelt er alles was er außer sich findet; seine Weisheit wie seine Thorheit, seinen Willen wie seine Willkühr leicht er den Thie¬ ren, den Pflanzen, den Elementen und den Göttern.
Möchtet Ihr mich, versetzte Charlotte, da ich Euch nicht zu weit von dem augen¬ blicklichen Interesse wegführen will, nur kürz¬
ſamkeit kehrt zu deiner Vorleſung zuruͤck; ich hoͤre daß von ganz lebloſen Dingen die Rede iſt, und blicke dir ins Buch, um mich wie¬ der zurecht zu finden.
Es iſt eine Gleichnißrede, die dich ver¬ fuͤhrt und verwirrt hat, ſagte Eduard. Hier wird freylich nur von Erden und Mineralien gehandelt, aber der Menſch iſt ein wahrer Narziß; er beſpiegelt ſich uͤberall gern ſelbſt; er legt ſich als Folie der ganzen Welt unter.
Ja wohl! fuhr der Hauptmann fort: ſo behandelt er alles was er außer ſich findet; ſeine Weisheit wie ſeine Thorheit, ſeinen Willen wie ſeine Willkuͤhr leicht er den Thie¬ ren, den Pflanzen, den Elementen und den Goͤttern.
Moͤchtet Ihr mich, verſetzte Charlotte, da ich Euch nicht zu weit von dem augen¬ blicklichen Intereſſe wegfuͤhren will, nur kuͤrz¬
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0080"n="75"/>ſamkeit kehrt zu deiner Vorleſung zuruͤck; ich<lb/>
hoͤre daß von ganz lebloſen Dingen die Rede<lb/>
iſt, und blicke dir ins Buch, um mich wie¬<lb/>
der zurecht zu finden.</p><lb/><p>Es iſt eine Gleichnißrede, die dich ver¬<lb/>
fuͤhrt und verwirrt hat, ſagte Eduard. Hier<lb/>
wird freylich nur von Erden und Mineralien<lb/>
gehandelt, aber der Menſch iſt ein wahrer<lb/>
Narziß; er beſpiegelt ſich uͤberall gern ſelbſt;<lb/>
er legt ſich als Folie der ganzen Welt unter.</p><lb/><p>Ja wohl! fuhr der Hauptmann fort: ſo<lb/>
behandelt er alles was er außer ſich findet;<lb/>ſeine Weisheit wie ſeine Thorheit, ſeinen<lb/>
Willen wie ſeine Willkuͤhr leicht er den Thie¬<lb/>
ren, den Pflanzen, den Elementen und den<lb/>
Goͤttern.</p><lb/><p>Moͤchtet Ihr mich, verſetzte Charlotte,<lb/>
da ich Euch nicht zu weit von dem augen¬<lb/>
blicklichen Intereſſe wegfuͤhren will, nur kuͤrz¬<lb/></p></div></body></text></TEI>
[75/0080]
ſamkeit kehrt zu deiner Vorleſung zuruͤck; ich
hoͤre daß von ganz lebloſen Dingen die Rede
iſt, und blicke dir ins Buch, um mich wie¬
der zurecht zu finden.
Es iſt eine Gleichnißrede, die dich ver¬
fuͤhrt und verwirrt hat, ſagte Eduard. Hier
wird freylich nur von Erden und Mineralien
gehandelt, aber der Menſch iſt ein wahrer
Narziß; er beſpiegelt ſich uͤberall gern ſelbſt;
er legt ſich als Folie der ganzen Welt unter.
Ja wohl! fuhr der Hauptmann fort: ſo
behandelt er alles was er außer ſich findet;
ſeine Weisheit wie ſeine Thorheit, ſeinen
Willen wie ſeine Willkuͤhr leicht er den Thie¬
ren, den Pflanzen, den Elementen und den
Goͤttern.
Moͤchtet Ihr mich, verſetzte Charlotte,
da ich Euch nicht zu weit von dem augen¬
blicklichen Intereſſe wegfuͤhren will, nur kuͤrz¬
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 1. Tübingen, 1809, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw01_1809/80>, abgerufen am 23.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.