Abwechselung ohne Zerstreuung wäre für Lehre und Leben der schönste Wahlspruch, wenn dieses löbliche Gleichgewicht nur so leicht zu erhalten wäre! sagte der Gehülfe, und wollte weiter fortfahren als ihn Charlotte aufrief, die Knaben nochmals zu betrachten, deren munterer Zug sich so eben über den Hof bewegte. Er bezeigte seine Zufriedenheit, daß man die Kinder in Uniform zu gehen anhalte. Männer -- so sagte er -- sollten von Jugend auf Uniform tragen, weil sie sich gewöhnen müssen zusammen zu handeln, sich unter ihres Gleichen zu verlieren, in Masse zu gehorchen und ins Ganze zu arbeiten. Auch befördert jede Art von Uniform einen mili¬ tärischen Sinn, so wie ein knapperes stracke¬ res Betragen, und alle Knaben sind ja ohne¬ hin geborne Soldaten: man sehe nur ihre Kampf- und Streitspiele, ihr Erstürmen und Erklettern.
9 *
Abwechſelung ohne Zerſtreuung waͤre fuͤr Lehre und Leben der ſchoͤnſte Wahlſpruch, wenn dieſes loͤbliche Gleichgewicht nur ſo leicht zu erhalten waͤre! ſagte der Gehuͤlfe, und wollte weiter fortfahren als ihn Charlotte aufrief, die Knaben nochmals zu betrachten, deren munterer Zug ſich ſo eben uͤber den Hof bewegte. Er bezeigte ſeine Zufriedenheit, daß man die Kinder in Uniform zu gehen anhalte. Maͤnner — ſo ſagte er — ſollten von Jugend auf Uniform tragen, weil ſie ſich gewoͤhnen muͤſſen zuſammen zu handeln, ſich unter ihres Gleichen zu verlieren, in Maſſe zu gehorchen und ins Ganze zu arbeiten. Auch befoͤrdert jede Art von Uniform einen mili¬ taͤriſchen Sinn, ſo wie ein knapperes ſtracke¬ res Betragen, und alle Knaben ſind ja ohne¬ hin geborne Soldaten: man ſehe nur ihre Kampf- und Streitſpiele, ihr Erſtuͤrmen und Erklettern.
9 *
<TEI><text><body><divn="1"><pbfacs="#f0134"n="131"/><p>Abwechſelung ohne Zerſtreuung waͤre fuͤr<lb/>
Lehre und Leben der ſchoͤnſte Wahlſpruch,<lb/>
wenn dieſes loͤbliche Gleichgewicht nur ſo leicht<lb/>
zu erhalten waͤre! ſagte der Gehuͤlfe, und<lb/>
wollte weiter fortfahren als ihn Charlotte<lb/>
aufrief, die Knaben nochmals zu betrachten,<lb/>
deren munterer Zug ſich ſo eben uͤber den<lb/>
Hof bewegte. Er bezeigte ſeine Zufriedenheit,<lb/>
daß man die Kinder in Uniform zu gehen<lb/>
anhalte. Maͤnner —ſo ſagte er —ſollten<lb/>
von Jugend auf Uniform tragen, weil ſie ſich<lb/>
gewoͤhnen muͤſſen zuſammen zu handeln, ſich<lb/>
unter ihres Gleichen zu verlieren, in Maſſe<lb/>
zu gehorchen und ins Ganze zu arbeiten. Auch<lb/>
befoͤrdert jede Art von Uniform einen mili¬<lb/>
taͤriſchen Sinn, ſo wie ein knapperes ſtracke¬<lb/>
res Betragen, und alle Knaben ſind ja ohne¬<lb/>
hin geborne Soldaten: man ſehe nur ihre<lb/>
Kampf- und Streitſpiele, ihr Erſtuͤrmen und<lb/>
Erklettern.</p><lb/><fwplace="bottom"type="sig">9 *<lb/></fw></div></body></text></TEI>
[131/0134]
Abwechſelung ohne Zerſtreuung waͤre fuͤr
Lehre und Leben der ſchoͤnſte Wahlſpruch,
wenn dieſes loͤbliche Gleichgewicht nur ſo leicht
zu erhalten waͤre! ſagte der Gehuͤlfe, und
wollte weiter fortfahren als ihn Charlotte
aufrief, die Knaben nochmals zu betrachten,
deren munterer Zug ſich ſo eben uͤber den
Hof bewegte. Er bezeigte ſeine Zufriedenheit,
daß man die Kinder in Uniform zu gehen
anhalte. Maͤnner — ſo ſagte er — ſollten
von Jugend auf Uniform tragen, weil ſie ſich
gewoͤhnen muͤſſen zuſammen zu handeln, ſich
unter ihres Gleichen zu verlieren, in Maſſe
zu gehorchen und ins Ganze zu arbeiten. Auch
befoͤrdert jede Art von Uniform einen mili¬
taͤriſchen Sinn, ſo wie ein knapperes ſtracke¬
res Betragen, und alle Knaben ſind ja ohne¬
hin geborne Soldaten: man ſehe nur ihre
Kampf- und Streitſpiele, ihr Erſtuͤrmen und
Erklettern.
9 *
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend
gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien
von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem
DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.
Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 131. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/134>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.