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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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und nach zusammensinkenden Hügel unge¬
säumt vergleiche, und so die Decke, indem
alle sie tragen, einem Jeden leichter gemacht
werde.

Und ohne irgend ein Zeichen des Anden¬
kens, ohne irgend etwas das der Erinne¬
rung entgegen käme, sollte das alles so vor¬
übergehen? versetzte Ottilie.

Keineswegs! fuhr der Architect fort: nicht
vom Andenken, nur vom Platze soll man sich
lossagen. Der Baukünstler, der Bildhauer
sind höchlich interessirt, daß der Mensch von
ihnen, von ihrer Kunst, von ihrer Hand
eine Dauer seines Daseyns erwarte; und des¬
wegen wünschte ich gut gedachte, gut ausge¬
führte Monumente, nicht einzeln und zufällig
ausgesät, sondern an einem Orte aufgestellt,
wo sie sich Dauer versprechen können. Da
selbst die Frommen und Hohen auf das Vor¬

und nach zuſammenſinkenden Huͤgel unge¬
ſaͤumt vergleiche, und ſo die Decke, indem
alle ſie tragen, einem Jeden leichter gemacht
werde.

Und ohne irgend ein Zeichen des Anden¬
kens, ohne irgend etwas das der Erinne¬
rung entgegen kaͤme, ſollte das alles ſo vor¬
uͤbergehen? verſetzte Ottilie.

Keineswegs! fuhr der Architect fort: nicht
vom Andenken, nur vom Platze ſoll man ſich
losſagen. Der Baukuͤnſtler, der Bildhauer
ſind hoͤchlich intereſſirt, daß der Menſch von
ihnen, von ihrer Kunſt, von ihrer Hand
eine Dauer ſeines Daſeyns erwarte; und des¬
wegen wuͤnſchte ich gut gedachte, gut ausge¬
fuͤhrte Monumente, nicht einzeln und zufaͤllig
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wo ſie ſich Dauer verſprechen koͤnnen. Da
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[14/0017] und nach zuſammenſinkenden Huͤgel unge¬ ſaͤumt vergleiche, und ſo die Decke, indem alle ſie tragen, einem Jeden leichter gemacht werde. Und ohne irgend ein Zeichen des Anden¬ kens, ohne irgend etwas das der Erinne¬ rung entgegen kaͤme, ſollte das alles ſo vor¬ uͤbergehen? verſetzte Ottilie. Keineswegs! fuhr der Architect fort: nicht vom Andenken, nur vom Platze ſoll man ſich losſagen. Der Baukuͤnſtler, der Bildhauer ſind hoͤchlich intereſſirt, daß der Menſch von ihnen, von ihrer Kunſt, von ihrer Hand eine Dauer ſeines Daſeyns erwarte; und des¬ wegen wuͤnſchte ich gut gedachte, gut ausge¬ fuͤhrte Monumente, nicht einzeln und zufaͤllig ausgeſaͤt, ſondern an einem Orte aufgeſtellt, wo ſie ſich Dauer verſprechen koͤnnen. Da ſelbſt die Frommen und Hohen auf das Vor¬

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/17>, abgerufen am 21.11.2024.