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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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sam fortgerissen bis sie die Inseln, die Wer¬
der, weit hinter sich hatten und der Fluß
wieder breit und gemächlich zu fließen an¬
fing. Nun erst ermannte, nun erholte er
sich aus der ersten zudringenden Noth, in
der er ohne Besinnung nur mechanisch gehan¬
delt; er blickte mit emporstrebendem Haupt
umher und ruderte nach Vermögen einer fla¬
chen buschigten Stelle zu, die sich angenehm
und gelegen in den Fluß verlief. Dort brachte
er seine schöne Beute aufs Trockne; aber kein
Lebenshauch war in ihr zu spüren. Er war
in Verzweiflung, als ihm ein betretener Pfad
der durchs Gebüsch lief, in die Augen leuch¬
tete. Er belud sich aufs neue mit der theu¬
ren Last, er erblickte bald eine einsame Woh¬
nung und erreichte sie. Dort fand er gute
Leute, ein junges Ehepaar. Das Unglück,
die Noth sprach sich geschwind aus. Was er
nach einiger Besinnung forderte, ward gelei¬
stet. Ein lichtes Feuer brannte; wollne De¬
cken wurden über ein Lager gebreitet; Pelze,

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ſam fortgeriſſen bis ſie die Inſeln, die Wer¬
der, weit hinter ſich hatten und der Fluß
wieder breit und gemaͤchlich zu fließen an¬
fing. Nun erſt ermannte, nun erholte er
ſich aus der erſten zudringenden Noth, in
der er ohne Beſinnung nur mechaniſch gehan¬
delt; er blickte mit emporſtrebendem Haupt
umher und ruderte nach Vermoͤgen einer fla¬
chen buſchigten Stelle zu, die ſich angenehm
und gelegen in den Fluß verlief. Dort brachte
er ſeine ſchoͤne Beute aufs Trockne; aber kein
Lebenshauch war in ihr zu ſpuͤren. Er war
in Verzweiflung, als ihm ein betretener Pfad
der durchs Gebuͤſch lief, in die Augen leuch¬
tete. Er belud ſich aufs neue mit der theu¬
ren Laſt, er erblickte bald eine einſame Woh¬
nung und erreichte ſie. Dort fand er gute
Leute, ein junges Ehepaar. Das Ungluͤck,
die Noth ſprach ſich geſchwind aus. Was er
nach einiger Beſinnung forderte, ward gelei¬
ſtet. Ein lichtes Feuer brannte; wollne De¬
cken wurden uͤber ein Lager gebreitet; Pelze,

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[211/0214] ſam fortgeriſſen bis ſie die Inſeln, die Wer¬ der, weit hinter ſich hatten und der Fluß wieder breit und gemaͤchlich zu fließen an¬ fing. Nun erſt ermannte, nun erholte er ſich aus der erſten zudringenden Noth, in der er ohne Beſinnung nur mechaniſch gehan¬ delt; er blickte mit emporſtrebendem Haupt umher und ruderte nach Vermoͤgen einer fla¬ chen buſchigten Stelle zu, die ſich angenehm und gelegen in den Fluß verlief. Dort brachte er ſeine ſchoͤne Beute aufs Trockne; aber kein Lebenshauch war in ihr zu ſpuͤren. Er war in Verzweiflung, als ihm ein betretener Pfad der durchs Gebuͤſch lief, in die Augen leuch¬ tete. Er belud ſich aufs neue mit der theu¬ ren Laſt, er erblickte bald eine einſame Woh¬ nung und erreichte ſie. Dort fand er gute Leute, ein junges Ehepaar. Das Ungluͤck, die Noth ſprach ſich geſchwind aus. Was er nach einiger Beſinnung forderte, ward gelei¬ ſtet. Ein lichtes Feuer brannte; wollne De¬ cken wurden uͤber ein Lager gebreitet; Pelze, 14 *

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/214>, abgerufen am 21.11.2024.