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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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Felle und was Erwärmendes vorräthig war,
schnell herbeygetragen. Hier überwand die
Begierde zu retten jede andre Betrachtung.
Nichts ward versäumt, den schönen halbstar¬
ren nackten Körper wieder ins Leben zu rufen.
Es gelang. Sie schlug die Augen auf, sie
erblickte den Freund, umschlang seinen Hals
mit ihren himmlischen Armen. So blieb sie
lange; ein Thränenstrom stürzte aus ihren
Augen und vollendete ihre Genesung. Willst
du mich verlassen, rief sie aus: da ich dich
so wiederfinde? Niemals, rief er, niemals!
und wußte nicht was er sagte noch was er
that. Nur schone dich, rief er hinzu: schone
dich! denke an dich um deinet- und meinetwillen.

Sie dachte nun an sich und bemerkte jetzt
erst den Zustand in dem sie war. Sie konnte
sich vor ihrem Liebling, ihrem Retter nicht
schämen; aber sie entließ ihn gern, damit er
für sich sorgen möge: denn noch war was
ihn umgab, naß und triefend.

Felle und was Erwaͤrmendes vorraͤthig war,
ſchnell herbeygetragen. Hier uͤberwand die
Begierde zu retten jede andre Betrachtung.
Nichts ward verſaͤumt, den ſchoͤnen halbſtar¬
ren nackten Koͤrper wieder ins Leben zu rufen.
Es gelang. Sie ſchlug die Augen auf, ſie
erblickte den Freund, umſchlang ſeinen Hals
mit ihren himmliſchen Armen. So blieb ſie
lange; ein Thraͤnenſtrom ſtuͤrzte aus ihren
Augen und vollendete ihre Geneſung. Willſt
du mich verlaſſen, rief ſie aus: da ich dich
ſo wiederfinde? Niemals, rief er, niemals!
und wußte nicht was er ſagte noch was er
that. Nur ſchone dich, rief er hinzu: ſchone
dich! denke an dich um deinet- und meinetwillen.

Sie dachte nun an ſich und bemerkte jetzt
erſt den Zuſtand in dem ſie war. Sie konnte
ſich vor ihrem Liebling, ihrem Retter nicht
ſchaͤmen; aber ſie entließ ihn gern, damit er
fuͤr ſich ſorgen moͤge: denn noch war was
ihn umgab, naß und triefend.

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[212/0215] Felle und was Erwaͤrmendes vorraͤthig war, ſchnell herbeygetragen. Hier uͤberwand die Begierde zu retten jede andre Betrachtung. Nichts ward verſaͤumt, den ſchoͤnen halbſtar¬ ren nackten Koͤrper wieder ins Leben zu rufen. Es gelang. Sie ſchlug die Augen auf, ſie erblickte den Freund, umſchlang ſeinen Hals mit ihren himmliſchen Armen. So blieb ſie lange; ein Thraͤnenſtrom ſtuͤrzte aus ihren Augen und vollendete ihre Geneſung. Willſt du mich verlaſſen, rief ſie aus: da ich dich ſo wiederfinde? Niemals, rief er, niemals! und wußte nicht was er ſagte noch was er that. Nur ſchone dich, rief er hinzu: ſchone dich! denke an dich um deinet- und meinetwillen. Sie dachte nun an ſich und bemerkte jetzt erſt den Zuſtand in dem ſie war. Sie konnte ſich vor ihrem Liebling, ihrem Retter nicht ſchaͤmen; aber ſie entließ ihn gern, damit er fuͤr ſich ſorgen moͤge: denn noch war was ihn umgab, naß und triefend.

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/215>, abgerufen am 24.11.2024.