Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

Bild:
<< vorherige Seite

bracht worden. Man fuhr aufs Ungewisse
fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu
finden. Als daher der Landmann mit Rufen
und Winken die Schiffenden aufmerksam
machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬
hafter Landungsplatz sich zeigte, und mit Win¬
ken und Rufen nicht aufhörte, wandte sich das
Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬
spiel ward es, da sie landeten! Die Aeltern
der beyden Verlobten drängten sich zuerst ans
Ufer; den liebenden Bräutigam hatte fast die
Besinnung verlassen. Kaum hatten sie ver¬
nommen, daß die lieben Kinder gerettet seyen,
so traten diese in ihrer sonderbaren Verklei¬
dung aus dem Busch hervor. Man erkannte
sie nicht eher, als bis sie ganz herangetreten
waren. Wen seh' ich? riefen die Mütter:
was seh' ich? riefen die Väter. Die Geret¬
teten warfen sich vor ihnen nieder. Eure
Kinder! riefen sie aus: ein Paar. Verzeiht!
rief das Mädchen. Gebt uns Euren Segen!

bracht worden. Man fuhr aufs Ungewiſſe
fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu
finden. Als daher der Landmann mit Rufen
und Winken die Schiffenden aufmerkſam
machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬
hafter Landungsplatz ſich zeigte, und mit Win¬
ken und Rufen nicht aufhoͤrte, wandte ſich das
Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬
ſpiel ward es, da ſie landeten! Die Aeltern
der beyden Verlobten draͤngten ſich zuerſt ans
Ufer; den liebenden Braͤutigam hatte faſt die
Beſinnung verlaſſen. Kaum hatten ſie ver¬
nommen, daß die lieben Kinder gerettet ſeyen,
ſo traten dieſe in ihrer ſonderbaren Verklei¬
dung aus dem Buſch hervor. Man erkannte
ſie nicht eher, als bis ſie ganz herangetreten
waren. Wen ſeh' ich? riefen die Muͤtter:
was ſeh' ich? riefen die Vaͤter. Die Geret¬
teten warfen ſich vor ihnen nieder. Eure
Kinder! riefen ſie aus: ein Paar. Verzeiht!
rief das Maͤdchen. Gebt uns Euren Segen!

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0218" n="215"/>
bracht worden. Man fuhr aufs Ungewi&#x017F;&#x017F;e<lb/>
fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu<lb/>
finden. Als daher der Landmann mit Rufen<lb/>
und Winken die Schiffenden aufmerk&#x017F;am<lb/>
machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬<lb/>
hafter Landungsplatz &#x017F;ich zeigte, und mit Win¬<lb/>
ken und Rufen nicht aufho&#x0364;rte, wandte &#x017F;ich das<lb/>
Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬<lb/>
&#x017F;piel ward es, da &#x017F;ie landeten! Die Aeltern<lb/>
der beyden Verlobten dra&#x0364;ngten &#x017F;ich zuer&#x017F;t ans<lb/>
Ufer; den liebenden Bra&#x0364;utigam hatte fa&#x017F;t die<lb/>
Be&#x017F;innung verla&#x017F;&#x017F;en. Kaum hatten &#x017F;ie ver¬<lb/>
nommen, daß die lieben Kinder gerettet &#x017F;eyen,<lb/>
&#x017F;o traten die&#x017F;e in ihrer &#x017F;onderbaren Verklei¬<lb/>
dung aus dem Bu&#x017F;ch hervor. Man erkannte<lb/>
&#x017F;ie nicht eher, als bis &#x017F;ie ganz herangetreten<lb/>
waren. Wen &#x017F;eh' ich? riefen die Mu&#x0364;tter:<lb/>
was &#x017F;eh' ich? riefen die Va&#x0364;ter. Die Geret¬<lb/>
teten warfen &#x017F;ich vor ihnen nieder. Eure<lb/>
Kinder! riefen &#x017F;ie aus: ein Paar. Verzeiht!<lb/>
rief das Ma&#x0364;dchen. Gebt uns Euren Segen!<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0218] bracht worden. Man fuhr aufs Ungewiſſe fort, in Hoffnung die Verlornen wieder zu finden. Als daher der Landmann mit Rufen und Winken die Schiffenden aufmerkſam machte, an eine Stelle lief, wo ein vortheil¬ hafter Landungsplatz ſich zeigte, und mit Win¬ ken und Rufen nicht aufhoͤrte, wandte ſich das Schiff nach dem Ufer, und welch ein Schau¬ ſpiel ward es, da ſie landeten! Die Aeltern der beyden Verlobten draͤngten ſich zuerſt ans Ufer; den liebenden Braͤutigam hatte faſt die Beſinnung verlaſſen. Kaum hatten ſie ver¬ nommen, daß die lieben Kinder gerettet ſeyen, ſo traten dieſe in ihrer ſonderbaren Verklei¬ dung aus dem Buſch hervor. Man erkannte ſie nicht eher, als bis ſie ganz herangetreten waren. Wen ſeh' ich? riefen die Muͤtter: was ſeh' ich? riefen die Vaͤter. Die Geret¬ teten warfen ſich vor ihnen nieder. Eure Kinder! riefen ſie aus: ein Paar. Verzeiht! rief das Maͤdchen. Gebt uns Euren Segen!

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/218
Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/218>, abgerufen am 21.11.2024.