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Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809.

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indem er dessen That, wobey er allein gegen¬
wärtig gewesen, heraushob, mit Eifer bis
vor den Feldherrn brachte und die Hindernisse
einiger Mißwollenden überwand. Sie wußte
nicht, was sie ihm alles zu Liebe thun sollte.
Sie räumte schnell in ihrer Putzstube, die
freylich auch zugleich Garderobe und Vorraths¬
kammer war, möglichst zusammen; allein er
kündigte ihr die Ankunft eines Frauenzimmers
an, die hier hereinziehen sollte, und ließ für
sich eine Kammer hinten auf dem Gange
nothdürftig einrichten. Der Wirthinn erschien
die Sache geheimnißvoll, und es war ihr
angenehm, ihren Gönner, der sich dabey sehr
interessirt und thätig zeigte, etwas gefälliges
zu erweisen. Und er, mit welcher Empfin¬
dung brachte er die lange lange Zeit bis zum
Abend hin! Er betrachtete das Zimmer rings
umher, in dem er sie sehen sollte; es schien
ihm in seiner ganzen häuslichen Seltsamkeit
ein himmlischer Aufenthalt. Was dachte er
sich nicht alles aus, ob er Ottilien überraschen,

indem er deſſen That, wobey er allein gegen¬
waͤrtig geweſen, heraushob, mit Eifer bis
vor den Feldherrn brachte und die Hinderniſſe
einiger Mißwollenden uͤberwand. Sie wußte
nicht, was ſie ihm alles zu Liebe thun ſollte.
Sie raͤumte ſchnell in ihrer Putzſtube, die
freylich auch zugleich Garderobe und Vorraths¬
kammer war, moͤglichſt zuſammen; allein er
kuͤndigte ihr die Ankunft eines Frauenzimmers
an, die hier hereinziehen ſollte, und ließ fuͤr
ſich eine Kammer hinten auf dem Gange
nothduͤrftig einrichten. Der Wirthinn erſchien
die Sache geheimnißvoll, und es war ihr
angenehm, ihren Goͤnner, der ſich dabey ſehr
intereſſirt und thaͤtig zeigte, etwas gefaͤlliges
zu erweiſen. Und er, mit welcher Empfin¬
dung brachte er die lange lange Zeit bis zum
Abend hin! Er betrachtete das Zimmer rings
umher, in dem er ſie ſehen ſollte; es ſchien
ihm in ſeiner ganzen haͤuslichen Seltſamkeit
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[292/0295] indem er deſſen That, wobey er allein gegen¬ waͤrtig geweſen, heraushob, mit Eifer bis vor den Feldherrn brachte und die Hinderniſſe einiger Mißwollenden uͤberwand. Sie wußte nicht, was ſie ihm alles zu Liebe thun ſollte. Sie raͤumte ſchnell in ihrer Putzſtube, die freylich auch zugleich Garderobe und Vorraths¬ kammer war, moͤglichſt zuſammen; allein er kuͤndigte ihr die Ankunft eines Frauenzimmers an, die hier hereinziehen ſollte, und ließ fuͤr ſich eine Kammer hinten auf dem Gange nothduͤrftig einrichten. Der Wirthinn erſchien die Sache geheimnißvoll, und es war ihr angenehm, ihren Goͤnner, der ſich dabey ſehr intereſſirt und thaͤtig zeigte, etwas gefaͤlliges zu erweiſen. Und er, mit welcher Empfin¬ dung brachte er die lange lange Zeit bis zum Abend hin! Er betrachtete das Zimmer rings umher, in dem er ſie ſehen ſollte; es ſchien ihm in ſeiner ganzen haͤuslichen Seltſamkeit ein himmliſcher Aufenthalt. Was dachte er ſich nicht alles aus, ob er Ottilien uͤberraſchen,

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Zitationshilfe: Goethe, Johann Wolfgang von: Die Wahlverwandtschaften. Bd. 2. Tübingen, 1809, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goethe_wahlverw02_1809/295>, abgerufen am 24.11.2024.