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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

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ten begraben lassen, und mit so vielen tau-
send Thränen von Dessau wegziehen?

O Kinder! solche Folgen haben Unge-
horsam und unzeitiger Vorwitz! Sie haben
gewiß schon viele Kinder elendiglich ums Le-
ben gebracht. Ich weiß noch mehr Exempel.

Ich hab' es selbst einmal mit meinen Au-
gen gesehen, daß im Winter einige Knaben
an einem übergefrornen Flusse heruntergien-
gen. Da hieß es gleich: wer hat das Herz,
über das Eis zu gehen? Keiner wollte erst
dran. Endlich sagte Wilhelm: wenn keiner
will; so will ichs thun. Er war kaum eini-
ge Schritte auf dem Flusse hingegangen, so
brach das Eis, und er war in einem Augen-
blicke weg. Erst nach einigen Wochen, da
das Wetter aufgieng, wurde er todt wieder
herausgezogen. Auf dem Eise ist schon so
manches Kind unglücklich gewesen. Alles
Folgen des Vorwitzes.

XVIII.
F

ten begraben laſſen, und mit ſo vielen tau-
ſend Thraͤnen von Deſſau wegziehen?

O Kinder! ſolche Folgen haben Unge-
horſam und unzeitiger Vorwitz! Sie haben
gewiß ſchon viele Kinder elendiglich ums Le-
ben gebracht. Ich weiß noch mehr Exempel.

Ich hab’ es ſelbſt einmal mit meinen Au-
gen geſehen, daß im Winter einige Knaben
an einem uͤbergefrornen Fluſſe heruntergien-
gen. Da hieß es gleich: wer hat das Herz,
uͤber das Eis zu gehen? Keiner wollte erſt
dran. Endlich ſagte Wilhelm: wenn keiner
will; ſo will ichs thun. Er war kaum eini-
ge Schritte auf dem Fluſſe hingegangen, ſo
brach das Eis, und er war in einem Augen-
blicke weg. Erſt nach einigen Wochen, da
das Wetter aufgieng, wurde er todt wieder
herausgezogen. Auf dem Eiſe iſt ſchon ſo
manches Kind ungluͤcklich geweſen. Alles
Folgen des Vorwitzes.

XVIII.
F
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[81/0103] ten begraben laſſen, und mit ſo vielen tau- ſend Thraͤnen von Deſſau wegziehen? O Kinder! ſolche Folgen haben Unge- horſam und unzeitiger Vorwitz! Sie haben gewiß ſchon viele Kinder elendiglich ums Le- ben gebracht. Ich weiß noch mehr Exempel. Ich hab’ es ſelbſt einmal mit meinen Au- gen geſehen, daß im Winter einige Knaben an einem uͤbergefrornen Fluſſe heruntergien- gen. Da hieß es gleich: wer hat das Herz, uͤber das Eis zu gehen? Keiner wollte erſt dran. Endlich ſagte Wilhelm: wenn keiner will; ſo will ichs thun. Er war kaum eini- ge Schritte auf dem Fluſſe hingegangen, ſo brach das Eis, und er war in einem Augen- blicke weg. Erſt nach einigen Wochen, da das Wetter aufgieng, wurde er todt wieder herausgezogen. Auf dem Eiſe iſt ſchon ſo manches Kind ungluͤcklich geweſen. Alles Folgen des Vorwitzes. XVIII. F

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 81. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/103>, abgerufen am 21.11.2024.