Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite
XXII.
Das zierige Kind.

Zierige Kinder sind allen Leuten zuwider.
Sie nehmen allerley unnatürliche Stel-
lungen des Körpers, oder Verziehung der
Mienen, Lippen und Augen an. Denn
eben das heißt, sich zieren, wenn man in den
Mienen und Gebärden so etwas zeigt, das
gar nicht natürlich ist, sondern affektirt und
gezwungen herauskömmt. Und das fällt ge-
waltig in die Augen, eben darum, weil es
nicht natürlich ist.

Albertine zierte sich beständig wie ein Aef-
chen. Bald drehete sie sich auf den Hacken,
bald legte sie die Hände kreuzweis; bald zupf-
te sie an den Haarlocken; bald kniep sie die
Lippen zusammen, pinkte mit den Augen,
verzog die Mienen; kurz, man kann das al-
berne zierige Zeng nicht alles beschreiben, was

sie
XXII.
Das zierige Kind.

Zierige Kinder ſind allen Leuten zuwider.
Sie nehmen allerley unnatuͤrliche Stel-
lungen des Koͤrpers, oder Verziehung der
Mienen, Lippen und Augen an. Denn
eben das heißt, ſich zieren, wenn man in den
Mienen und Gebaͤrden ſo etwas zeigt, das
gar nicht natuͤrlich iſt, ſondern affektirt und
gezwungen herauskoͤmmt. Und das faͤllt ge-
waltig in die Augen, eben darum, weil es
nicht natuͤrlich iſt.

Albertine zierte ſich beſtaͤndig wie ein Aef-
chen. Bald drehete ſie ſich auf den Hacken,
bald legte ſie die Haͤnde kreuzweis; bald zupf-
te ſie an den Haarlocken; bald kniep ſie die
Lippen zuſammen, pinkte mit den Augen,
verzog die Mienen; kurz, man kann das al-
berne zierige Zeng nicht alles beſchreiben, was

ſie
<TEI>
  <text>
    <body>
      <pb facs="#f0116" n="94"/>
      <div n="1">
        <head><hi rendition="#aq">XXII.</hi><lb/>
Das zierige Kind.</head><lb/>
        <p><hi rendition="#in">Z</hi>ierige Kinder &#x017F;ind allen Leuten zuwider.<lb/>
Sie nehmen allerley unnatu&#x0364;rliche Stel-<lb/>
lungen des Ko&#x0364;rpers, oder Verziehung der<lb/>
Mienen, Lippen und Augen an. Denn<lb/>
eben das heißt, &#x017F;ich zieren, wenn man in den<lb/>
Mienen und Geba&#x0364;rden &#x017F;o etwas zeigt, das<lb/>
gar nicht natu&#x0364;rlich i&#x017F;t, &#x017F;ondern affektirt und<lb/>
gezwungen herausko&#x0364;mmt. Und das fa&#x0364;llt ge-<lb/>
waltig in die Augen, eben darum, weil es<lb/>
nicht natu&#x0364;rlich i&#x017F;t.</p><lb/>
        <p>Albertine zierte &#x017F;ich be&#x017F;ta&#x0364;ndig wie ein Aef-<lb/>
chen. Bald drehete &#x017F;ie &#x017F;ich auf den Hacken,<lb/>
bald legte &#x017F;ie die Ha&#x0364;nde kreuzweis; bald zupf-<lb/>
te &#x017F;ie an den Haarlocken; bald kniep &#x017F;ie die<lb/>
Lippen zu&#x017F;ammen, pinkte mit den Augen,<lb/>
verzog die Mienen; kurz, man kann das al-<lb/>
berne zierige Zeng nicht alles be&#x017F;chreiben, was<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;ie</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[94/0116] XXII. Das zierige Kind. Zierige Kinder ſind allen Leuten zuwider. Sie nehmen allerley unnatuͤrliche Stel- lungen des Koͤrpers, oder Verziehung der Mienen, Lippen und Augen an. Denn eben das heißt, ſich zieren, wenn man in den Mienen und Gebaͤrden ſo etwas zeigt, das gar nicht natuͤrlich iſt, ſondern affektirt und gezwungen herauskoͤmmt. Und das faͤllt ge- waltig in die Augen, eben darum, weil es nicht natuͤrlich iſt. Albertine zierte ſich beſtaͤndig wie ein Aef- chen. Bald drehete ſie ſich auf den Hacken, bald legte ſie die Haͤnde kreuzweis; bald zupf- te ſie an den Haarlocken; bald kniep ſie die Lippen zuſammen, pinkte mit den Augen, verzog die Mienen; kurz, man kann das al- berne zierige Zeng nicht alles beſchreiben, was ſie

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/116
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 94. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/116>, abgerufen am 24.11.2024.