Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Eines Abends kam ein Mann zu ihrem
Vater, und brachte etwas unter dem Rokelor.
Der Vater gieng allein mit ihm in die Stube,
und schloß die Thür ab. Nach einer halben
Stunde gieng der Fremde wieder weg. Louise
wollte vor Neugier bersten. Sie fragte wohl
zehnmal, was brachte denn der Mann ge-
stern Abend? Sie bekam einen Verweis, und
mußte schweigen.

Endlich war sie einmal in der Stube bey
den Aeltern, die von der Sache sprachen,
und just nicht darauf achteten, daß sie da war.
Da sagte der Vater: es ist mir doch lieb, daß
mir der Mann neulich Abend meine tausend
Thaler wieder gebracht hat, die ich schon
verloren gegeben hatte.

Louise ließ sich nichts merken, daß sie das
gehört hatte. Sie lief gleich in die Gesinde-
stube, und sagte mit großer Freude: nun weiß
ichs doch, was der Mann im Rokelor ge-

bracht

Eines Abends kam ein Mann zu ihrem
Vater, und brachte etwas unter dem Rokelor.
Der Vater gieng allein mit ihm in die Stube,
und ſchloß die Thuͤr ab. Nach einer halben
Stunde gieng der Fremde wieder weg. Louiſe
wollte vor Neugier berſten. Sie fragte wohl
zehnmal, was brachte denn der Mann ge-
ſtern Abend? Sie bekam einen Verweis, und
mußte ſchweigen.

Endlich war ſie einmal in der Stube bey
den Aeltern, die von der Sache ſprachen,
und juſt nicht darauf achteten, daß ſie da war.
Da ſagte der Vater: es iſt mir doch lieb, daß
mir der Mann neulich Abend meine tauſend
Thaler wieder gebracht hat, die ich ſchon
verloren gegeben hatte.

Louiſe ließ ſich nichts merken, daß ſie das
gehoͤrt hatte. Sie lief gleich in die Geſinde-
ſtube, und ſagte mit großer Freude: nun weiß
ichs doch, was der Mann im Rokelor ge-

bracht
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0234" n="212"/>
        <p>Eines Abends kam ein Mann zu ihrem<lb/>
Vater, und brachte etwas unter dem Rokelor.<lb/>
Der Vater gieng allein mit ihm in die Stube,<lb/>
und &#x017F;chloß die Thu&#x0364;r ab. Nach einer halben<lb/>
Stunde gieng der Fremde wieder weg. Loui&#x017F;e<lb/>
wollte vor Neugier ber&#x017F;ten. Sie fragte wohl<lb/>
zehnmal, was brachte denn der Mann ge-<lb/>
&#x017F;tern Abend? Sie bekam einen Verweis, und<lb/>
mußte &#x017F;chweigen.</p><lb/>
        <p>Endlich war &#x017F;ie einmal in der Stube bey<lb/>
den Aeltern, die von der Sache &#x017F;prachen,<lb/>
und ju&#x017F;t nicht darauf achteten, daß &#x017F;ie da war.<lb/>
Da &#x017F;agte der Vater: es i&#x017F;t mir doch lieb, daß<lb/>
mir der Mann neulich Abend meine tau&#x017F;end<lb/>
Thaler wieder gebracht hat, die ich &#x017F;chon<lb/>
verloren gegeben hatte.</p><lb/>
        <p>Loui&#x017F;e ließ &#x017F;ich nichts merken, daß &#x017F;ie das<lb/>
geho&#x0364;rt hatte. Sie lief gleich in die Ge&#x017F;inde-<lb/>
&#x017F;tube, und &#x017F;agte mit großer Freude: nun weiß<lb/>
ichs doch, was der Mann im Rokelor ge-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">bracht</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[212/0234] Eines Abends kam ein Mann zu ihrem Vater, und brachte etwas unter dem Rokelor. Der Vater gieng allein mit ihm in die Stube, und ſchloß die Thuͤr ab. Nach einer halben Stunde gieng der Fremde wieder weg. Louiſe wollte vor Neugier berſten. Sie fragte wohl zehnmal, was brachte denn der Mann ge- ſtern Abend? Sie bekam einen Verweis, und mußte ſchweigen. Endlich war ſie einmal in der Stube bey den Aeltern, die von der Sache ſprachen, und juſt nicht darauf achteten, daß ſie da war. Da ſagte der Vater: es iſt mir doch lieb, daß mir der Mann neulich Abend meine tauſend Thaler wieder gebracht hat, die ich ſchon verloren gegeben hatte. Louiſe ließ ſich nichts merken, daß ſie das gehoͤrt hatte. Sie lief gleich in die Geſinde- ſtube, und ſagte mit großer Freude: nun weiß ichs doch, was der Mann im Rokelor ge- bracht

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/234
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 1. Leipzig, 1783, S. 212. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib01_1783/234>, abgerufen am 21.11.2024.