Fenster, der mag sich dem lieben Gott befeh- len; der kömmt gewiß nicht davon.
Wilhelm. Höre einmal, Marie! du sprichst wunderliches Zeug. Sage mir nur erst, was das für ein Vogel ist? -- Leich- huhn? Leichvogel? Das verstehe ich nicht.
Marie. Was weiß ichs, was es für eine Kröte ist? Es soll ein kleiner grauer Vo- gel seyn, wie die Leute sagen, wie ein jung Huhn. Wenns mit der Kröte richtig wäre, so könnte er hübsch bey Tage kommen; aber so schreyet er nur des Nachts. Genug, wenn er ruft, so muß einer sterben, und das trifft immer ein.
Wilhelm. Du bist dem Vogel erschreck- lich gut. Das höre ich wohl. Denn du nennst ihn immer die Kröte. Aber sage mir nur, wie kann denn der Vogel das wissen, wenn einer sterben will, oder, wie du sagst, einen ho- len?
Marie.
Fenſter, der mag ſich dem lieben Gott befeh- len; der koͤmmt gewiß nicht davon.
Wilhelm. Hoͤre einmal, Marie! du ſprichſt wunderliches Zeug. Sage mir nur erſt, was das fuͤr ein Vogel iſt? — Leich- huhn? Leichvogel? Das verſtehe ich nicht.
Marie. Was weiß ichs, was es fuͤr eine Kroͤte iſt? Es ſoll ein kleiner grauer Vo- gel ſeyn, wie die Leute ſagen, wie ein jung Huhn. Wenns mit der Kroͤte richtig waͤre, ſo koͤnnte er huͤbſch bey Tage kommen; aber ſo ſchreyet er nur des Nachts. Genug, wenn er ruft, ſo muß einer ſterben, und das trifft immer ein.
Wilhelm. Du biſt dem Vogel erſchreck- lich gut. Das hoͤre ich wohl. Denn du nennſt ihn immer die Kroͤte. Aber ſage mir nur, wie kann denn der Vogel das wiſſen, wenn einer ſterben will, oder, wie du ſagſt, einen ho- len?
Marie.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0179"n="157"/>
Fenſter, der mag ſich dem lieben Gott befeh-<lb/>
len; der koͤmmt gewiß nicht davon.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Wilhelm</hi>. Hoͤre einmal, Marie! du<lb/>ſprichſt wunderliches Zeug. Sage mir nur<lb/>
erſt, was das fuͤr ein Vogel iſt? —<hirendition="#fr">Leich-<lb/>
huhn? Leichvogel?</hi> Das verſtehe ich nicht.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Marie</hi>. Was weiß ichs, was es fuͤr<lb/>
eine Kroͤte iſt? Es ſoll ein kleiner grauer Vo-<lb/>
gel ſeyn, wie die Leute ſagen, wie ein jung<lb/>
Huhn. Wenns mit der Kroͤte richtig waͤre,<lb/>ſo koͤnnte er huͤbſch bey Tage kommen; aber<lb/>ſo ſchreyet er nur des Nachts. Genug, wenn<lb/>
er ruft, ſo muß einer ſterben, und das trifft<lb/>
immer ein.</p><lb/><p><hirendition="#fr">Wilhelm</hi>. Du biſt dem Vogel erſchreck-<lb/>
lich gut. Das hoͤre ich wohl. Denn du nennſt<lb/>
ihn immer die Kroͤte. Aber ſage mir nur, wie<lb/>
kann denn der Vogel das wiſſen, wenn einer<lb/>ſterben will, oder, wie du ſagſt, einen ho-<lb/>
len?</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch"><hirendition="#fr">Marie</hi>.</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[157/0179]
Fenſter, der mag ſich dem lieben Gott befeh-
len; der koͤmmt gewiß nicht davon.
Wilhelm. Hoͤre einmal, Marie! du
ſprichſt wunderliches Zeug. Sage mir nur
erſt, was das fuͤr ein Vogel iſt? — Leich-
huhn? Leichvogel? Das verſtehe ich nicht.
Marie. Was weiß ichs, was es fuͤr
eine Kroͤte iſt? Es ſoll ein kleiner grauer Vo-
gel ſeyn, wie die Leute ſagen, wie ein jung
Huhn. Wenns mit der Kroͤte richtig waͤre,
ſo koͤnnte er huͤbſch bey Tage kommen; aber
ſo ſchreyet er nur des Nachts. Genug, wenn
er ruft, ſo muß einer ſterben, und das trifft
immer ein.
Wilhelm. Du biſt dem Vogel erſchreck-
lich gut. Das hoͤre ich wohl. Denn du nennſt
ihn immer die Kroͤte. Aber ſage mir nur, wie
kann denn der Vogel das wiſſen, wenn einer
ſterben will, oder, wie du ſagſt, einen ho-
len?
Marie.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 157. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/179>, abgerufen am 16.02.2025.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2025 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften
(Kontakt).
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2025. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.