Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

Marie. Ja! da fragst du mich zu viel.
Das weiß ich nicht. Genug, es ist wahr. Es
stirbt allemal einer, wo sich die Kröte hören
läßt.

Wilhelm. Wenns nur dich nicht bedeu-
tet? Du bist alt genug. Ich möchte es wohl
einmal sehen, wenn dich der Vogel holte, wie
du dich anstellen würdest?

Marie. Ja! spotte du nur. Ach du lie-
ber Gott! nimm mich nicht weg in der Hälfte
meiner Tage.

Wilhelm. J! Marie, du bist ja über
stebenzig Jahre alt, und hast einen grauen
Kopf.

Marie. Das ist das einzige Sprüchelchen,
das ich beten kann. Weiter habe ich nichts
gelernt. Ach es ist mir recht schwer auf dem
Herzen!

(Wilhelm sitzt bey Tische immer in Ge-
danken.)

Mutter.

Marie. Ja! da fragſt du mich zu viel.
Das weiß ich nicht. Genug, es iſt wahr. Es
ſtirbt allemal einer, wo ſich die Kroͤte hoͤren
laͤßt.

Wilhelm. Wenns nur dich nicht bedeu-
tet? Du biſt alt genug. Ich moͤchte es wohl
einmal ſehen, wenn dich der Vogel holte, wie
du dich anſtellen wuͤrdeſt?

Marie. Ja! ſpotte du nur. Ach du lie-
ber Gott! nimm mich nicht weg in der Haͤlfte
meiner Tage.

Wilhelm. J! Marie, du biſt ja uͤber
ſtebenzig Jahre alt, und haſt einen grauen
Kopf.

Marie. Das iſt das einzige Spruͤchelchen,
das ich beten kann. Weiter habe ich nichts
gelernt. Ach es iſt mir recht ſchwer auf dem
Herzen!

(Wilhelm ſitzt bey Tiſche immer in Ge-
danken.)

Mutter.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0180" n="158"/>
        <p><hi rendition="#fr">Marie</hi>. Ja! da frag&#x017F;t du mich zu viel.<lb/>
Das weiß ich nicht. Genug, es i&#x017F;t wahr. Es<lb/>
&#x017F;tirbt allemal einer, wo &#x017F;ich die Kro&#x0364;te ho&#x0364;ren<lb/>
la&#x0364;ßt.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Wilhelm</hi>. Wenns nur dich nicht bedeu-<lb/>
tet? Du bi&#x017F;t alt genug. Ich mo&#x0364;chte es wohl<lb/>
einmal &#x017F;ehen, wenn dich der Vogel holte, wie<lb/>
du dich an&#x017F;tellen wu&#x0364;rde&#x017F;t?</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Marie</hi>. Ja! &#x017F;potte du nur. Ach du lie-<lb/>
ber Gott! nimm mich nicht weg in der Ha&#x0364;lfte<lb/>
meiner Tage.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Wilhelm</hi>. J! Marie, du bi&#x017F;t ja u&#x0364;ber<lb/>
&#x017F;tebenzig Jahre alt, und ha&#x017F;t einen grauen<lb/>
Kopf.</p><lb/>
        <p><hi rendition="#fr">Marie</hi>. Das i&#x017F;t das einzige Spru&#x0364;chelchen,<lb/>
das ich beten kann. Weiter habe ich nichts<lb/>
gelernt. Ach es i&#x017F;t mir recht &#x017F;chwer auf dem<lb/>
Herzen!</p><lb/>
        <p> <hi rendition="#et">(Wilhelm &#x017F;itzt bey Ti&#x017F;che immer in Ge-<lb/>
danken.)</hi> </p><lb/>
        <fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">Mutter</hi>.</fw><lb/>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[158/0180] Marie. Ja! da fragſt du mich zu viel. Das weiß ich nicht. Genug, es iſt wahr. Es ſtirbt allemal einer, wo ſich die Kroͤte hoͤren laͤßt. Wilhelm. Wenns nur dich nicht bedeu- tet? Du biſt alt genug. Ich moͤchte es wohl einmal ſehen, wenn dich der Vogel holte, wie du dich anſtellen wuͤrdeſt? Marie. Ja! ſpotte du nur. Ach du lie- ber Gott! nimm mich nicht weg in der Haͤlfte meiner Tage. Wilhelm. J! Marie, du biſt ja uͤber ſtebenzig Jahre alt, und haſt einen grauen Kopf. Marie. Das iſt das einzige Spruͤchelchen, das ich beten kann. Weiter habe ich nichts gelernt. Ach es iſt mir recht ſchwer auf dem Herzen! (Wilhelm ſitzt bey Tiſche immer in Ge- danken.) Mutter.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/180
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 158. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/180>, abgerufen am 21.11.2024.