Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

an die Gerichtsstühle, daß die ein Urtheil spre-
chen sollten. Da hieß es:
Man sollte sie in die Torturkammer brin-
gen, und sie mit den Marterinstrumen-
ten schrecken.

Das arme Weib konnte nichts gestehen. Denn
es wußte nichts.

Dann kam wieder ein Urtheil: man solle
es auf der Tortur peinigen und martern las-
sen. Würde es dann bekennen, und bey dem
Bekenntniß bleiben, so solle man es lebendig
verbrennen lassen.

Indessen baten die Leute, wo der Kobold
residirte -- das war aber lauter Betrug von
schelmischen Leuten -- man möchte das Weib
wieder in den Stall bringen lassen. Denn so
lange es da wäre, sey der Kobold stille.

Was geschahe? Das arme unschuldige
Weib, das wußte, was es noch vor Marter
auf der Tortur ausstehen sollte, erhieng sich

selbst

an die Gerichtsſtuͤhle, daß die ein Urtheil ſpre-
chen ſollten. Da hieß es:
Man ſollte ſie in die Torturkammer brin-
gen, und ſie mit den Marterinſtrumen-
ten ſchrecken.

Das arme Weib konnte nichts geſtehen. Denn
es wußte nichts.

Dann kam wieder ein Urtheil: man ſolle
es auf der Tortur peinigen und martern laſ-
ſen. Wuͤrde es dann bekennen, und bey dem
Bekenntniß bleiben, ſo ſolle man es lebendig
verbrennen laſſen.

Indeſſen baten die Leute, wo der Kobold
reſidirte — das war aber lauter Betrug von
ſchelmiſchen Leuten — man moͤchte das Weib
wieder in den Stall bringen laſſen. Denn ſo
lange es da waͤre, ſey der Kobold ſtille.

Was geſchahe? Das arme unſchuldige
Weib, das wußte, was es noch vor Marter
auf der Tortur ausſtehen ſollte, erhieng ſich

ſelbſt
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0206" n="184"/>
an die Gerichts&#x017F;tu&#x0364;hle, daß die ein Urtheil &#x017F;pre-<lb/>
chen &#x017F;ollten. Da hieß es:<lb/><hi rendition="#et">Man &#x017F;ollte &#x017F;ie in die Torturkammer brin-<lb/>
gen, und &#x017F;ie mit den Marterin&#x017F;trumen-<lb/>
ten &#x017F;chrecken.</hi><lb/>
Das arme Weib konnte nichts ge&#x017F;tehen. Denn<lb/>
es wußte nichts.</p><lb/>
        <p>Dann kam wieder ein Urtheil: man &#x017F;olle<lb/>
es auf der Tortur peinigen und martern la&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en. Wu&#x0364;rde es dann bekennen, und bey dem<lb/>
Bekenntniß bleiben, &#x017F;o &#x017F;olle man es lebendig<lb/>
verbrennen la&#x017F;&#x017F;en.</p><lb/>
        <p>Inde&#x017F;&#x017F;en baten die Leute, wo der Kobold<lb/>
re&#x017F;idirte &#x2014; das war aber lauter Betrug von<lb/>
&#x017F;chelmi&#x017F;chen Leuten &#x2014; man mo&#x0364;chte das Weib<lb/>
wieder in den Stall bringen la&#x017F;&#x017F;en. Denn &#x017F;o<lb/>
lange es da wa&#x0364;re, &#x017F;ey der Kobold &#x017F;tille.</p><lb/>
        <p>Was ge&#x017F;chahe? Das arme un&#x017F;chuldige<lb/>
Weib, das wußte, was es noch vor Marter<lb/>
auf der Tortur aus&#x017F;tehen &#x017F;ollte, erhieng &#x017F;ich<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">&#x017F;elb&#x017F;t</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[184/0206] an die Gerichtsſtuͤhle, daß die ein Urtheil ſpre- chen ſollten. Da hieß es: Man ſollte ſie in die Torturkammer brin- gen, und ſie mit den Marterinſtrumen- ten ſchrecken. Das arme Weib konnte nichts geſtehen. Denn es wußte nichts. Dann kam wieder ein Urtheil: man ſolle es auf der Tortur peinigen und martern laſ- ſen. Wuͤrde es dann bekennen, und bey dem Bekenntniß bleiben, ſo ſolle man es lebendig verbrennen laſſen. Indeſſen baten die Leute, wo der Kobold reſidirte — das war aber lauter Betrug von ſchelmiſchen Leuten — man moͤchte das Weib wieder in den Stall bringen laſſen. Denn ſo lange es da waͤre, ſey der Kobold ſtille. Was geſchahe? Das arme unſchuldige Weib, das wußte, was es noch vor Marter auf der Tortur ausſtehen ſollte, erhieng ſich ſelbſt

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/206
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 184. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/206>, abgerufen am 24.11.2024.