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Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

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offenbar prostituirt. Denn wie ists möglich,
da zu kuriren und gesund zu machen, wo
man muthwillig selbst die Gesundheit verdirbt,
und alle Mittel unwirksam macht? Die Obrig-
keit sollte billig alle dergleichen Dinge bey Stra-
fe verbieten. Denn es ist ein subtiles Gift,
das die Kinder langsam verzehret.

Ey! das wäre doch erschrecklich! sagte
der Vater.

Ja! freylich ist es das, fuhr der vernünf-
tige Arzt fort. Hören Sie nur. Was sitzt
nicht an den Zuckerpuppen für dicke Farbe?
Wie saugen nicht die kleinen Kinder an den
hölzernen Puppen die dicke schmierichte Farbe
ab! Wie viele miethige Mandeln und Rosi-
nen -- gefärbte Brustkuchen, und derglei-
chen, werden gegessen! Der schwere Mandel-
teig von Makronen -- und der noch schäd-
lichere ranzige Marzepanteig -- was für ein
Klumpen in dem schwachen Kindermagen!

Insonder-

offenbar proſtituirt. Denn wie iſts moͤglich,
da zu kuriren und geſund zu machen, wo
man muthwillig ſelbſt die Geſundheit verdirbt,
und alle Mittel unwirkſam macht? Die Obrig-
keit ſollte billig alle dergleichen Dinge bey Stra-
fe verbieten. Denn es iſt ein ſubtiles Gift,
das die Kinder langſam verzehret.

Ey! das waͤre doch erſchrecklich! ſagte
der Vater.

Ja! freylich iſt es das, fuhr der vernuͤnf-
tige Arzt fort. Hoͤren Sie nur. Was ſitzt
nicht an den Zuckerpuppen fuͤr dicke Farbe?
Wie ſaugen nicht die kleinen Kinder an den
hoͤlzernen Puppen die dicke ſchmierichte Farbe
ab! Wie viele miethige Mandeln und Roſi-
nen — gefaͤrbte Bruſtkuchen, und derglei-
chen, werden gegeſſen! Der ſchwere Mandel-
teig von Makronen — und der noch ſchaͤd-
lichere ranzige Marzepanteig — was fuͤr ein
Klumpen in dem ſchwachen Kindermagen!

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[207/0229] offenbar proſtituirt. Denn wie iſts moͤglich, da zu kuriren und geſund zu machen, wo man muthwillig ſelbſt die Geſundheit verdirbt, und alle Mittel unwirkſam macht? Die Obrig- keit ſollte billig alle dergleichen Dinge bey Stra- fe verbieten. Denn es iſt ein ſubtiles Gift, das die Kinder langſam verzehret. Ey! das waͤre doch erſchrecklich! ſagte der Vater. Ja! freylich iſt es das, fuhr der vernuͤnf- tige Arzt fort. Hoͤren Sie nur. Was ſitzt nicht an den Zuckerpuppen fuͤr dicke Farbe? Wie ſaugen nicht die kleinen Kinder an den hoͤlzernen Puppen die dicke ſchmierichte Farbe ab! Wie viele miethige Mandeln und Roſi- nen — gefaͤrbte Bruſtkuchen, und derglei- chen, werden gegeſſen! Der ſchwere Mandel- teig von Makronen — und der noch ſchaͤd- lichere ranzige Marzepanteig — was fuͤr ein Klumpen in dem ſchwachen Kindermagen! Inſonder-

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Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/229>, abgerufen am 21.11.2024.