Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783.

Bild:
<< vorherige Seite

wenn du es gleich jetzt noch nicht einsiehest.
Sonst würden sie es nicht thun. Ich dächte,
schon deswegen müßtest du zu allem Lust ha-
ben, und es mit Vergnügen thun, was dir
deine Aeltern zu lernen anrathen.

2) Bedenke das einmal recht, was ich
dir nun sagen will. Wie sauer bist du deiner
Mutter geworden, vom ersten Anfang deiner
Kindheit an! -- da du noch nicht gehen
konntest. Wie hat sie dich aus ihrer Brust
gefüttert und getränkt! Wie viele schlaflose
Nächte hat sie deinetwegen gehabt! Wie man-
che Sorge, wenn dir das Geringste fehlte!
Und nun, da du so weit bist -- wolltest du
ihr für das alles gar nicht dankbar seyn? Soll
sie also -- die treue Mutter -- künftig im
Hauswesen gar keine Hülfe von dir haben?
Soll sie Sachen, die im Hause können ge-
strickt, genähet und gesponnen werden, als
Strümpfe und Hemden für dich und die Klei-

nen,

wenn du es gleich jetzt noch nicht einſieheſt.
Sonſt wuͤrden ſie es nicht thun. Ich daͤchte,
ſchon deswegen muͤßteſt du zu allem Luſt ha-
ben, und es mit Vergnuͤgen thun, was dir
deine Aeltern zu lernen anrathen.

2) Bedenke das einmal recht, was ich
dir nun ſagen will. Wie ſauer biſt du deiner
Mutter geworden, vom erſten Anfang deiner
Kindheit an! — da du noch nicht gehen
konnteſt. Wie hat ſie dich aus ihrer Bruſt
gefuͤttert und getraͤnkt! Wie viele ſchlafloſe
Naͤchte hat ſie deinetwegen gehabt! Wie man-
che Sorge, wenn dir das Geringſte fehlte!
Und nun, da du ſo weit biſt — wollteſt du
ihr fuͤr das alles gar nicht dankbar ſeyn? Soll
ſie alſo — die treue Mutter — kuͤnftig im
Hausweſen gar keine Huͤlfe von dir haben?
Soll ſie Sachen, die im Hauſe koͤnnen ge-
ſtrickt, genaͤhet und geſponnen werden, als
Struͤmpfe und Hemden fuͤr dich und die Klei-

nen,
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0259" n="237"/>
wenn du es gleich jetzt noch nicht ein&#x017F;iehe&#x017F;t.<lb/>
Son&#x017F;t wu&#x0364;rden &#x017F;ie es nicht thun. Ich da&#x0364;chte,<lb/>
&#x017F;chon deswegen mu&#x0364;ßte&#x017F;t du zu allem Lu&#x017F;t ha-<lb/>
ben, und es mit Vergnu&#x0364;gen thun, was dir<lb/>
deine Aeltern zu lernen anrathen.</p><lb/>
        <p>2) Bedenke das einmal recht, was ich<lb/>
dir nun &#x017F;agen will. Wie &#x017F;auer bi&#x017F;t du deiner<lb/>
Mutter geworden, vom er&#x017F;ten Anfang deiner<lb/>
Kindheit an! &#x2014; da du noch nicht gehen<lb/>
konnte&#x017F;t. Wie hat &#x017F;ie dich aus ihrer Bru&#x017F;t<lb/>
gefu&#x0364;ttert und getra&#x0364;nkt! Wie viele &#x017F;chlaflo&#x017F;e<lb/>
Na&#x0364;chte hat &#x017F;ie deinetwegen gehabt! Wie man-<lb/>
che Sorge, wenn dir das Gering&#x017F;te fehlte!<lb/>
Und nun, da du &#x017F;o weit bi&#x017F;t &#x2014; wollte&#x017F;t du<lb/>
ihr fu&#x0364;r das alles gar nicht dankbar &#x017F;eyn? Soll<lb/>
&#x017F;ie al&#x017F;o &#x2014; die treue Mutter &#x2014; ku&#x0364;nftig im<lb/>
Hauswe&#x017F;en gar keine Hu&#x0364;lfe von dir haben?<lb/>
Soll &#x017F;ie Sachen, die im Hau&#x017F;e ko&#x0364;nnen ge-<lb/>
&#x017F;trickt, gena&#x0364;het und ge&#x017F;ponnen werden, als<lb/>
Stru&#x0364;mpfe und Hemden fu&#x0364;r dich und die Klei-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">nen,</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[237/0259] wenn du es gleich jetzt noch nicht einſieheſt. Sonſt wuͤrden ſie es nicht thun. Ich daͤchte, ſchon deswegen muͤßteſt du zu allem Luſt ha- ben, und es mit Vergnuͤgen thun, was dir deine Aeltern zu lernen anrathen. 2) Bedenke das einmal recht, was ich dir nun ſagen will. Wie ſauer biſt du deiner Mutter geworden, vom erſten Anfang deiner Kindheit an! — da du noch nicht gehen konnteſt. Wie hat ſie dich aus ihrer Bruſt gefuͤttert und getraͤnkt! Wie viele ſchlafloſe Naͤchte hat ſie deinetwegen gehabt! Wie man- che Sorge, wenn dir das Geringſte fehlte! Und nun, da du ſo weit biſt — wollteſt du ihr fuͤr das alles gar nicht dankbar ſeyn? Soll ſie alſo — die treue Mutter — kuͤnftig im Hausweſen gar keine Huͤlfe von dir haben? Soll ſie Sachen, die im Hauſe koͤnnen ge- ſtrickt, genaͤhet und geſponnen werden, als Struͤmpfe und Hemden fuͤr dich und die Klei- nen,

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/259
Zitationshilfe: Goeze, Johann August Ephraim: Zeitvertreib und Unterricht für Kinder vom dritten bis zehnten Jahr in kleinen Geschichten. Bd. 2. Leipzig, 1783, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goetze_zeitvertreib02_1783/259>, abgerufen am 24.11.2024.