Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

Bild:
<< vorherige Seite

der Jude verweilt: er kniet und dankt Gott; nur der Strohmer und sein Kamerad verweilen: sie liegen wie todt im Schnee. Ihre Blicke sind fest auf den betenden Juden gerichtet; des Juden Blick wandert gen Himmel.

Der Jude erhebt sich und läuft hinter den Seinen her. Der Strohmer und sein Kamerad erheben sich gleichfalls, sie schleichen das Ufer wieder hinauf, in den Garten wieder zurück. Auf der Mitte des Eises bleibt der Jude stehn, wie zwischen Gott und dem Teufel; in der Mitte des Gartens lachen der Strohmer und sein Gefährte ein heiseres Gelächter der Hölle.

Der Mann auf dem Eise seufzt: Gott, soll ich Alles verlieren?! -- Gott dreht ihm sein Gesicht nach dem Walde: sein Weib, seine Kinder sind ihm geborgen darin; der Teufel dreht ihm das Gesicht nach seinem Hause zurück: sein Gold und Silber blinkt ihm durch Thüren und Wände daher.

Mit mächtigen Sprüngen sind die beiden Gesellen zwischen den Baumstämmen des Gartens hindurch, in den Hof wieder hinein. Dort stehen sie und lauschen.

Der Lärm des Kampfes hat sich nach einer andern Gegend gezogen. Aus dem Hause des Bäckers wird nicht mehr geschossen.

Der Mann auf dem Eise machte dieselbe Entdeckung. --

Leise über den Schnee und dicht an den Ställen zur Seite schleichen die Gesellen bis an das Vordergebäude. Dort stehen sie von Neuem und spähen in

der Jude verweilt: er kniet und dankt Gott; nur der Strohmer und sein Kamerad verweilen: sie liegen wie todt im Schnee. Ihre Blicke sind fest auf den betenden Juden gerichtet; des Juden Blick wandert gen Himmel.

Der Jude erhebt sich und läuft hinter den Seinen her. Der Strohmer und sein Kamerad erheben sich gleichfalls, sie schleichen das Ufer wieder hinauf, in den Garten wieder zurück. Auf der Mitte des Eises bleibt der Jude stehn, wie zwischen Gott und dem Teufel; in der Mitte des Gartens lachen der Strohmer und sein Gefährte ein heiseres Gelächter der Hölle.

Der Mann auf dem Eise seufzt: Gott, soll ich Alles verlieren?! — Gott dreht ihm sein Gesicht nach dem Walde: sein Weib, seine Kinder sind ihm geborgen darin; der Teufel dreht ihm das Gesicht nach seinem Hause zurück: sein Gold und Silber blinkt ihm durch Thüren und Wände daher.

Mit mächtigen Sprüngen sind die beiden Gesellen zwischen den Baumstämmen des Gartens hindurch, in den Hof wieder hinein. Dort stehen sie und lauschen.

Der Lärm des Kampfes hat sich nach einer andern Gegend gezogen. Aus dem Hause des Bäckers wird nicht mehr geschossen.

Der Mann auf dem Eise machte dieselbe Entdeckung. —

Leise über den Schnee und dicht an den Ställen zur Seite schleichen die Gesellen bis an das Vordergebäude. Dort stehen sie von Neuem und spähen in

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div type="chapter" n="1">
        <p><pb facs="#f0015"/>
der Jude      verweilt: er kniet und dankt Gott; nur der Strohmer und sein Kamerad verweilen: sie liegen wie      todt im Schnee. Ihre Blicke sind fest auf den betenden Juden gerichtet; des Juden Blick wandert      gen Himmel.</p><lb/>
        <p>Der Jude erhebt sich und läuft hinter den Seinen her. Der Strohmer und sein <choice><sic>Camerad</sic><corr>Kamerad</corr></choice> erheben      sich gleichfalls, sie schleichen das Ufer wieder hinauf, in den Garten wieder zurück. Auf der      Mitte des Eises bleibt der Jude stehn, wie zwischen Gott und dem Teufel; in der Mitte des      Gartens lachen der Strohmer und sein Gefährte ein heiseres Gelächter der Hölle.</p><lb/>
        <p>Der Mann auf dem Eise seufzt: Gott, soll ich Alles verlieren?! &#x2014; Gott dreht ihm sein Gesicht      nach dem Walde: sein Weib, seine Kinder sind ihm geborgen darin; der Teufel dreht ihm das      Gesicht nach seinem Hause zurück: sein Gold und Silber blinkt ihm durch Thüren und Wände      daher.</p><lb/>
        <p>Mit mächtigen Sprüngen sind die beiden Gesellen zwischen den Baumstämmen des Gartens      hindurch, in den Hof wieder hinein. Dort stehen sie und lauschen.</p><lb/>
        <p>Der Lärm des Kampfes hat sich nach einer andern Gegend gezogen. Aus dem Hause des Bäckers      wird nicht mehr geschossen.</p><lb/>
        <p>Der Mann auf dem Eise machte dieselbe Entdeckung. &#x2014;</p><lb/>
        <p>Leise über den Schnee und dicht an den Ställen zur Seite schleichen die Gesellen bis an das      Vordergebäude. Dort stehen sie von Neuem und spähen in<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0015] der Jude verweilt: er kniet und dankt Gott; nur der Strohmer und sein Kamerad verweilen: sie liegen wie todt im Schnee. Ihre Blicke sind fest auf den betenden Juden gerichtet; des Juden Blick wandert gen Himmel. Der Jude erhebt sich und läuft hinter den Seinen her. Der Strohmer und sein Kamerad erheben sich gleichfalls, sie schleichen das Ufer wieder hinauf, in den Garten wieder zurück. Auf der Mitte des Eises bleibt der Jude stehn, wie zwischen Gott und dem Teufel; in der Mitte des Gartens lachen der Strohmer und sein Gefährte ein heiseres Gelächter der Hölle. Der Mann auf dem Eise seufzt: Gott, soll ich Alles verlieren?! — Gott dreht ihm sein Gesicht nach dem Walde: sein Weib, seine Kinder sind ihm geborgen darin; der Teufel dreht ihm das Gesicht nach seinem Hause zurück: sein Gold und Silber blinkt ihm durch Thüren und Wände daher. Mit mächtigen Sprüngen sind die beiden Gesellen zwischen den Baumstämmen des Gartens hindurch, in den Hof wieder hinein. Dort stehen sie und lauschen. Der Lärm des Kampfes hat sich nach einer andern Gegend gezogen. Aus dem Hause des Bäckers wird nicht mehr geschossen. Der Mann auf dem Eise machte dieselbe Entdeckung. — Leise über den Schnee und dicht an den Ställen zur Seite schleichen die Gesellen bis an das Vordergebäude. Dort stehen sie von Neuem und spähen in

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T16:05:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T16:05:09Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910/15
Zitationshilfe: Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910/15>, abgerufen am 27.04.2024.