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Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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den Flur. -- Von der Straße her fällt der Mondenschein in die offene Thür, fällt wie ein Leichentuch über einen Haufen dortliegender Streiter; sonst Alles dunkel. Es regt sich kein Leben im Hause. --

Mit drei Sätzen ist der Strohmer in die Backstube hinein und kommt mit der Lampe zurück. Mit ebensoviel Sätzen ist er die Treppe hinauf nach der Wohnung des Juden.

Die Thür ist verschlossen. Das Beil bring herauf!

Er rief's seinem im Flur zaudernd stehen gebliebenen Kameraden zu.

Gleich, gleich! ist die Antwort.

Indem dieser das Beil aber ergreift, wird's ihm so schwer in der Hand -- er vermag's nicht zu halten.

Komm wieder herunter, Kamerad, wir brauchen nicht durch die Thür. Ueberm Backofen ist ein Loch in dem Fußboden der Wohnung des Juden.

Du hast Recht, Bruder, da kommen wir leichter hinein.

Mit diesen Worten war der Strohmer wieder unten.

Das Beil aber brauchen wir doch, nimm du jetzt die Lampe.

Er ergriff's, wie er's sagte, und Beide waren in die Backstube hinein.

Ein viereckiges, anderthalb Fuß im Quadrat messendes Loch zeigte sich da in der Ecke rechts in der Mitte über dem Ofen, und war mit einer Klappe verschlossen. Es hatte den Zweck, einen Theil der Wärme aus der

den Flur. — Von der Straße her fällt der Mondenschein in die offene Thür, fällt wie ein Leichentuch über einen Haufen dortliegender Streiter; sonst Alles dunkel. Es regt sich kein Leben im Hause. —

Mit drei Sätzen ist der Strohmer in die Backstube hinein und kommt mit der Lampe zurück. Mit ebensoviel Sätzen ist er die Treppe hinauf nach der Wohnung des Juden.

Die Thür ist verschlossen. Das Beil bring herauf!

Er rief's seinem im Flur zaudernd stehen gebliebenen Kameraden zu.

Gleich, gleich! ist die Antwort.

Indem dieser das Beil aber ergreift, wird's ihm so schwer in der Hand — er vermag’s nicht zu halten.

Komm wieder herunter, Kamerad, wir brauchen nicht durch die Thür. Ueberm Backofen ist ein Loch in dem Fußboden der Wohnung des Juden.

Du hast Recht, Bruder, da kommen wir leichter hinein.

Mit diesen Worten war der Strohmer wieder unten.

Das Beil aber brauchen wir doch, nimm du jetzt die Lampe.

Er ergriff's, wie er's sagte, und Beide waren in die Backstube hinein.

Ein viereckiges, anderthalb Fuß im Quadrat messendes Loch zeigte sich da in der Ecke rechts in der Mitte über dem Ofen, und war mit einer Klappe verschlossen. Es hatte den Zweck, einen Theil der Wärme aus der

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[0016] den Flur. — Von der Straße her fällt der Mondenschein in die offene Thür, fällt wie ein Leichentuch über einen Haufen dortliegender Streiter; sonst Alles dunkel. Es regt sich kein Leben im Hause. — Mit drei Sätzen ist der Strohmer in die Backstube hinein und kommt mit der Lampe zurück. Mit ebensoviel Sätzen ist er die Treppe hinauf nach der Wohnung des Juden. Die Thür ist verschlossen. Das Beil bring herauf! Er rief's seinem im Flur zaudernd stehen gebliebenen Kameraden zu. Gleich, gleich! ist die Antwort. Indem dieser das Beil aber ergreift, wird's ihm so schwer in der Hand — er vermag’s nicht zu halten. Komm wieder herunter, Kamerad, wir brauchen nicht durch die Thür. Ueberm Backofen ist ein Loch in dem Fußboden der Wohnung des Juden. Du hast Recht, Bruder, da kommen wir leichter hinein. Mit diesen Worten war der Strohmer wieder unten. Das Beil aber brauchen wir doch, nimm du jetzt die Lampe. Er ergriff's, wie er's sagte, und Beide waren in die Backstube hinein. Ein viereckiges, anderthalb Fuß im Quadrat messendes Loch zeigte sich da in der Ecke rechts in der Mitte über dem Ofen, und war mit einer Klappe verschlossen. Es hatte den Zweck, einen Theil der Wärme aus der

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Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T16:05:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T16:05:09Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910/16>, abgerufen am 27.04.2024.