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Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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Der Erste nun, der bei ihm zusprach, war ein Strohmer, ein Fechtbruder, dessen beständiges Leben auf der Landstraße seinen Zügen ein verwittertes Ansehen geliehen.

Suchst du Arbeit? fragte ihn der Jude.

Ich suche Den, der die Arbeit erfunden hat, war die Antwort darauf.

Wie heißt Arbeit erfinden! Hier ist welche. --

Ich will keine! Gieb mir mein Geschenk; ich muß weiter.

Aber der Jude nahm ihn beim Knopf: Muß ich bleiben, mußt du's auch! und rief seine Wache zu Hülfe. Da blieb er.

Einen Zweiten hatten die Franzosen bei ihren Streifereien abgefaßt, und das war ein rüstiger Bursch, kaum in die Zwanzig getreten, aber von markigem Bau. Zwei Mann zur Begleitung wurde Der in die Arbeit gebracht und brauchte der Polizei nicht erst gemeldet zu werden.

Natürlich arbeiteten Beide nicht gern und gedachten's dem Meister zu vergelten, um so mehr, als dieser ein Jude war.

Des Juden Haus war zweistöckig. Unten zur Rechten befand sich die Gastwirthschaft. Links war die Verkaufsstube der Bäckerei, und dahinter der Ofen und die Backstube. Darüber wohnte und schlief er.

Unsre Feierabendsgesellen -- nur für die Tage der Noth waren sie in Arbeit gesprochen -- der Strohmer also und der rüstige Bursch waren bald gute Freunde

Der Erste nun, der bei ihm zusprach, war ein Strohmer, ein Fechtbruder, dessen beständiges Leben auf der Landstraße seinen Zügen ein verwittertes Ansehen geliehen.

Suchst du Arbeit? fragte ihn der Jude.

Ich suche Den, der die Arbeit erfunden hat, war die Antwort darauf.

Wie heißt Arbeit erfinden! Hier ist welche. ––

Ich will keine! Gieb mir mein Geschenk; ich muß weiter.

Aber der Jude nahm ihn beim Knopf: Muß ich bleiben, mußt du's auch! und rief seine Wache zu Hülfe. Da blieb er.

Einen Zweiten hatten die Franzosen bei ihren Streifereien abgefaßt, und das war ein rüstiger Bursch, kaum in die Zwanzig getreten, aber von markigem Bau. Zwei Mann zur Begleitung wurde Der in die Arbeit gebracht und brauchte der Polizei nicht erst gemeldet zu werden.

Natürlich arbeiteten Beide nicht gern und gedachten’s dem Meister zu vergelten, um so mehr, als dieser ein Jude war.

Des Juden Haus war zweistöckig. Unten zur Rechten befand sich die Gastwirthschaft. Links war die Verkaufsstube der Bäckerei, und dahinter der Ofen und die Backstube. Darüber wohnte und schlief er.

Unsre Feierabendsgesellen — nur für die Tage der Noth waren sie in Arbeit gesprochen — der Strohmer also und der rüstige Bursch waren bald gute Freunde

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[0009] Der Erste nun, der bei ihm zusprach, war ein Strohmer, ein Fechtbruder, dessen beständiges Leben auf der Landstraße seinen Zügen ein verwittertes Ansehen geliehen. Suchst du Arbeit? fragte ihn der Jude. Ich suche Den, der die Arbeit erfunden hat, war die Antwort darauf. Wie heißt Arbeit erfinden! Hier ist welche. –– Ich will keine! Gieb mir mein Geschenk; ich muß weiter. Aber der Jude nahm ihn beim Knopf: Muß ich bleiben, mußt du's auch! und rief seine Wache zu Hülfe. Da blieb er. Einen Zweiten hatten die Franzosen bei ihren Streifereien abgefaßt, und das war ein rüstiger Bursch, kaum in die Zwanzig getreten, aber von markigem Bau. Zwei Mann zur Begleitung wurde Der in die Arbeit gebracht und brauchte der Polizei nicht erst gemeldet zu werden. Natürlich arbeiteten Beide nicht gern und gedachten’s dem Meister zu vergelten, um so mehr, als dieser ein Jude war. Des Juden Haus war zweistöckig. Unten zur Rechten befand sich die Gastwirthschaft. Links war die Verkaufsstube der Bäckerei, und dahinter der Ofen und die Backstube. Darüber wohnte und schlief er. Unsre Feierabendsgesellen — nur für die Tage der Noth waren sie in Arbeit gesprochen — der Strohmer also und der rüstige Bursch waren bald gute Freunde

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-14T16:05:09Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas, Benjamin Fiechter: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-14T16:05:09Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Goldammer, Leo: Auf Wiedersehen! In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 21. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 157–185. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/goldammer_wiedersehen_1910/9>, abgerufen am 27.04.2024.