Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Sternberg. Brod allenfalls. Aber um ihr Flor und Band zu schaffen, könnt' ich mich zu Tode praktiziren. Gerhard. Er muß ihr den Hoffarthsteufel austreiben. Aber gesetzt auch, daß Er ja Zuschuß braucht -- wofür bin ich denn in der Welt, he? Sternberg (mit angenommenen Stolz.) Herr Vetter -- ich bin ein närrischer Kautz -- ich kann unmöglich von fremder Gnade leben. Gerhard (aufgebracht.) Bin ich Ihm fremd, he? Sternberg. Und wenn ich das Unglück hät- te, Sie zu überleben, wär' ich nicht schlim- mer daran, als zuvor? Gerhard (hastig.) Wenn ich Ihn zum Er- ben einsetze? Sternberg (mit kurzer Verbeugung, kalt.) Das muß ich depreziren. Gerhard. Depreziren? Das klingt possier- lich. Sternberg (mit verstelltem Eifer.) Ich bin Ih- nen keinen Grad näher, als viele Andere. Ei- nem Advokaten liegt Alles an einem unbescholte- nen Namen. Ich mag für keinen Erbschleicher passiren. Die Erbſchleicher. Sternberg. Brod allenfalls. Aber um ihr Flor und Band zu ſchaffen, koͤnnt’ ich mich zu Tode praktiziren. Gerhard. Er muß ihr den Hoffarthsteufel austreiben. Aber geſetzt auch, daß Er ja Zuſchuß braucht — wofuͤr bin ich denn in der Welt, he? Sternberg (mit angenommenen Stolz.) Herr Vetter — ich bin ein naͤrriſcher Kautz — ich kann unmoͤglich von fremder Gnade leben. Gerhard (aufgebracht.) Bin ich Ihm fremd, he? Sternberg. Und wenn ich das Ungluͤck haͤt- te, Sie zu uͤberleben, waͤr’ ich nicht ſchlim- mer daran, als zuvor? Gerhard (haſtig.) Wenn ich Ihn zum Er- ben einſetze? Sternberg (mit kurzer Verbeugung, kalt.) Das muß ich depreziren. Gerhard. Depreziren? Das klingt poſſier- lich. Sternberg (mit verſtelltem Eifer.) Ich bin Ih- nen keinen Grad naͤher, als viele Andere. Ei- nem Advokaten liegt Alles an einem unbeſcholte- nen Namen. Ich mag fuͤr keinen Erbſchleicher paſſiren. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0104" n="98"/> <fw place="top" type="header">Die Erbſchleicher.</fw><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p><hi rendition="#g">Brod</hi> allenfalls. Aber um<lb/> ihr Flor und Band zu ſchaffen, koͤnnt’ ich mich zu<lb/> Tode praktiziren.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Er muß ihr den Hoffarthsteufel<lb/> austreiben. Aber geſetzt auch, daß Er ja Zuſchuß<lb/> braucht — wofuͤr bin <hi rendition="#g">ich</hi> denn in der Welt,<lb/> he?</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(mit angenommenen Stolz.)</stage> <p>Herr<lb/> Vetter — ich bin ein naͤrriſcher Kautz — ich<lb/> kann unmoͤglich von fremder Gnade leben.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker> <stage>(aufgebracht.)</stage> <p>Bin <hi rendition="#g">ich</hi> Ihm<lb/><hi rendition="#g">fremd</hi>, he?</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg.</hi> </speaker> <p>Und wenn ich das Ungluͤck haͤt-<lb/> te, Sie zu <hi rendition="#g">uͤberleben</hi>, waͤr’ ich nicht ſchlim-<lb/> mer daran, als zuvor?</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker> <stage>(haſtig.)</stage> <p>Wenn ich Ihn zum Er-<lb/> ben einſetze?</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(mit kurzer Verbeugung, kalt.)</stage> <p>Das<lb/> muß ich depreziren.</p> </sp><lb/> <sp who="#GER"> <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker> <p>Depreziren? Das klingt poſſier-<lb/> lich.</p> </sp><lb/> <sp who="#STE"> <speaker> <hi rendition="#fr">Sternberg</hi> </speaker> <stage>(mit verſtelltem Eifer.)</stage> <p>Ich bin Ih-<lb/> nen keinen Grad naͤher, als viele Andere. Ei-<lb/> nem Advokaten liegt Alles an einem unbeſcholte-<lb/> nen Namen. Ich mag fuͤr keinen Erbſchleicher<lb/> paſſiren.</p> </sp><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [98/0104]
Die Erbſchleicher.
Sternberg. Brod allenfalls. Aber um
ihr Flor und Band zu ſchaffen, koͤnnt’ ich mich zu
Tode praktiziren.
Gerhard. Er muß ihr den Hoffarthsteufel
austreiben. Aber geſetzt auch, daß Er ja Zuſchuß
braucht — wofuͤr bin ich denn in der Welt,
he?
Sternberg (mit angenommenen Stolz.) Herr
Vetter — ich bin ein naͤrriſcher Kautz — ich
kann unmoͤglich von fremder Gnade leben.
Gerhard (aufgebracht.) Bin ich Ihm
fremd, he?
Sternberg. Und wenn ich das Ungluͤck haͤt-
te, Sie zu uͤberleben, waͤr’ ich nicht ſchlim-
mer daran, als zuvor?
Gerhard (haſtig.) Wenn ich Ihn zum Er-
ben einſetze?
Sternberg (mit kurzer Verbeugung, kalt.) Das
muß ich depreziren.
Gerhard. Depreziren? Das klingt poſſier-
lich.
Sternberg (mit verſtelltem Eifer.) Ich bin Ih-
nen keinen Grad naͤher, als viele Andere. Ei-
nem Advokaten liegt Alles an einem unbeſcholte-
nen Namen. Ich mag fuͤr keinen Erbſchleicher
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Zitationshilfe: | Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/104>, abgerufen am 28.07.2024. |