Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

Bild:
<< vorherige Seite
Die Erbschleicher.
Weinhold. Ihre Schwester Melusine hat
tausendmal das Gegentheil bereut.
Gerhard (auffahrend.) Melusine? Der ge-
schah Recht. Manntollheit wars von ihr, mit
einem Kerl, wie der Pflegschreiber Weinhold - - -
Weinhold (ihm sanft auf die Achsel klopfend.)
Sachte, sachte! Es war mein Herr Papa.
Gerhard (erstaunt.) Was? ist Er der Junge,
mit dem sie vier Monate nach der Hochzeit - - -
Weinhold (trocken einfallend.) Ja, Herr Vet-
ter! Das frühreife Genie bin ich.
Gerhard. Aber Justine nannte mir ja einen
ganz andern Namen.
Weinhold. Mein Reisename, um die Neu-
gierigen irre zu führen.
Gerhard. Und Professor ist Er?
Weinhold. Mein Reisetitel; um der Thor-
schreiber willen, die niemals glauben wollen, daß
man nichts ist.
Gerhard (den Kopf schüttelnd.) Sonderbar!
Wie ist sein Vorname?
Weinhold. Emmerich Sylvester.
Gerhard. Alt?
Weinhold. Vier und zwanzig.
Gerhard. Was sagt denn mein Stammbaum?
Die Erbſchleicher.
Weinhold. Ihre Schweſter Meluſine hat
tauſendmal das Gegentheil bereut.
Gerhard (auffahrend.) Meluſine? Der ge-
ſchah Recht. Manntollheit wars von ihr, mit
einem Kerl, wie der Pflegſchreiber Weinhold - - -
Weinhold (ihm ſanft auf die Achſel klopfend.)
Sachte, ſachte! Es war mein Herr Papa.
Gerhard (erſtaunt.) Was? iſt Er der Junge,
mit dem ſie vier Monate nach der Hochzeit - - -
Weinhold (trocken einfallend.) Ja, Herr Vet-
ter! Das fruͤhreife Genie bin ich.
Gerhard. Aber Juſtine nannte mir ja einen
ganz andern Namen.
Weinhold. Mein Reiſename, um die Neu-
gierigen irre zu fuͤhren.
Gerhard. Und Profeſſor iſt Er?
Weinhold. Mein Reiſetitel; um der Thor-
ſchreiber willen, die niemals glauben wollen, daß
man nichts iſt.
Gerhard (den Kopf ſchüttelnd.) Sonderbar!
Wie iſt ſein Vorname?
Weinhold. Emmerich Sylveſter.
Gerhard. Alt?
Weinhold. Vier und zwanzig.
Gerhard. Was ſagt denn mein Stammbaum?
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <pb facs="#f0116" n="110"/>
          <fw place="top" type="header">Die Erb&#x017F;chleicher.</fw><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker>
            <p>Ihre Schwe&#x017F;ter Melu&#x017F;ine hat<lb/>
tau&#x017F;endmal das Gegentheil bereut.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(auffahrend.)</stage>
            <p>Melu&#x017F;ine? <hi rendition="#g">Der</hi> ge-<lb/>
&#x017F;chah Recht. Manntollheit wars von ihr, mit<lb/>
einem Kerl, wie der Pfleg&#x017F;chreiber Weinhold - - -</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold</hi> </speaker>
            <stage>(ihm &#x017F;anft auf die Ach&#x017F;el klopfend.)</stage><lb/>
            <p>Sachte, &#x017F;achte! Es war mein Herr Papa.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(er&#x017F;taunt.)</stage>
            <p>Was? i&#x017F;t Er der Junge,<lb/>
mit dem &#x017F;ie vier Monate nach der Hochzeit - - -</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold</hi> </speaker>
            <stage>(trocken einfallend.)</stage>
            <p>Ja, Herr Vet-<lb/>
ter! Das fru&#x0364;hreife Genie bin ich.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Aber Ju&#x017F;tine nannte mir ja einen<lb/>
ganz andern Namen.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker>
            <p>Mein Rei&#x017F;ename, um die Neu-<lb/>
gierigen irre zu fu&#x0364;hren.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Und Profe&#x017F;&#x017F;or i&#x017F;t Er?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker>
            <p>Mein Rei&#x017F;etitel; um der Thor-<lb/>
&#x017F;chreiber willen, die niemals glauben wollen, daß<lb/>
man nichts i&#x017F;t.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard</hi> </speaker>
            <stage>(den Kopf &#x017F;chüttelnd.)</stage>
            <p>Sonderbar!<lb/>
Wie i&#x017F;t &#x017F;ein Vorname?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker>
            <p>Emmerich Sylve&#x017F;ter.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Alt?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#WEIN">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Weinhold.</hi> </speaker>
            <p>Vier und zwanzig.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#GER">
            <speaker> <hi rendition="#fr">Gerhard.</hi> </speaker>
            <p>Was &#x017F;agt denn mein Stammbaum?</p><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[110/0116] Die Erbſchleicher. Weinhold. Ihre Schweſter Meluſine hat tauſendmal das Gegentheil bereut. Gerhard (auffahrend.) Meluſine? Der ge- ſchah Recht. Manntollheit wars von ihr, mit einem Kerl, wie der Pflegſchreiber Weinhold - - - Weinhold (ihm ſanft auf die Achſel klopfend.) Sachte, ſachte! Es war mein Herr Papa. Gerhard (erſtaunt.) Was? iſt Er der Junge, mit dem ſie vier Monate nach der Hochzeit - - - Weinhold (trocken einfallend.) Ja, Herr Vet- ter! Das fruͤhreife Genie bin ich. Gerhard. Aber Juſtine nannte mir ja einen ganz andern Namen. Weinhold. Mein Reiſename, um die Neu- gierigen irre zu fuͤhren. Gerhard. Und Profeſſor iſt Er? Weinhold. Mein Reiſetitel; um der Thor- ſchreiber willen, die niemals glauben wollen, daß man nichts iſt. Gerhard (den Kopf ſchüttelnd.) Sonderbar! Wie iſt ſein Vorname? Weinhold. Emmerich Sylveſter. Gerhard. Alt? Weinhold. Vier und zwanzig. Gerhard. Was ſagt denn mein Stammbaum?

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/116
Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 110. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/116>, abgerufen am 27.11.2024.