Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.Die Erbschleicher. Der Mensch muß essen. Diese Pflicht wächstmit den Jahren. Denn jemehr sich die Federn und Triebräder einer Maschine abnutzen, um so fleißiger muß man sie schmieren. Aber alles kömmt auf die Wahl der Nahrung an. Sie sol- len mir noch ein ganzer Lecker werden, Herr Vet- ter. Sie sollen nichts denken und träumen, als (Schnell.) Rebhüner, Fasanen, Trüffeln, Lachs, Austern, Hanauer Pasteten, ungarischen Wein, Champagner, Ananas - - - Gerhard (einfallend.) Ey, Herr Vetter! Das ist eine Diät für Könige. Weinhold. Unser einer lebt so gern, als ein König. Gerhard. Aber mein bürgerlicher Beutel würde die Schwindsucht kriegen. Weinhold. Wollen Sie sparen? für wen? Für lachende Erben. Gerhard. Wollt ihr bey meiner Baare lachen? W. Ungew. Ach, Herr Vetter, ehe es mit Ihnen dahin kömmt, wo werd' ich armes Gerip- pe seyn? Weinhold (zu Gerharden.) Und ich sage, ehe wir Beide uns zu der Reife entschließen, L 2
Die Erbſchleicher. Der Menſch muß eſſen. Dieſe Pflicht waͤchſtmit den Jahren. Denn jemehr ſich die Federn und Triebraͤder einer Maſchine abnutzen, um ſo fleißiger muß man ſie ſchmieren. Aber alles koͤmmt auf die Wahl der Nahrung an. Sie ſol- len mir noch ein ganzer Lecker werden, Herr Vet- ter. Sie ſollen nichts denken und traͤumen, als (Schnell.) Rebhuͤner, Faſanen, Truͤffeln, Lachs, Auſtern, Hanauer Paſteten, ungariſchen Wein, Champagner, Ananas - - - Gerhard (einfallend.) Ey, Herr Vetter! Das iſt eine Diaͤt fuͤr Koͤnige. Weinhold. Unſer einer lebt ſo gern, als ein Koͤnig. Gerhard. Aber mein buͤrgerlicher Beutel wuͤrde die Schwindſucht kriegen. Weinhold. Wollen Sie ſparen? fuͤr wen? Fuͤr lachende Erben. Gerhard. Wollt ihr bey meiner Baare lachen? W. Ungew. Ach, Herr Vetter, ehe es mit Ihnen dahin koͤmmt, wo werd’ ich armes Gerip- pe ſeyn? Weinhold (zu Gerharden.) Und ich ſage, ehe wir Beide uns zu der Reife entſchließen, L 2
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Die Erbſchleicher.
Der Menſch muß eſſen. Dieſe Pflicht waͤchſt
mit den Jahren. Denn jemehr ſich die Federn
und Triebraͤder einer Maſchine abnutzen, um ſo
fleißiger muß man ſie ſchmieren. Aber alles
koͤmmt auf die Wahl der Nahrung an. Sie ſol-
len mir noch ein ganzer Lecker werden, Herr Vet-
ter. Sie ſollen nichts denken und traͤumen, als
(Schnell.) Rebhuͤner, Faſanen, Truͤffeln, Lachs,
Auſtern, Hanauer Paſteten, ungariſchen Wein,
Champagner, Ananas - - -
Gerhard (einfallend.) Ey, Herr Vetter! Das
iſt eine Diaͤt fuͤr Koͤnige.
Weinhold. Unſer einer lebt ſo gern, als
ein Koͤnig.
Gerhard. Aber mein buͤrgerlicher Beutel
wuͤrde die Schwindſucht kriegen.
Weinhold. Wollen Sie ſparen? fuͤr wen?
Fuͤr lachende Erben.
Gerhard. Wollt ihr bey meiner Baare
lachen?
W. Ungew. Ach, Herr Vetter, ehe es mit
Ihnen dahin koͤmmt, wo werd’ ich armes Gerip-
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