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Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789.

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Die Erbschleicher.
Vettern und Muhmen geflogen. Das war ein
Spektakel! Sie theilten nicht; sie plünderten.
Und -- stellen Sie sich vor! -- ich war auch
dabey. Und von Rechts wegen! Ich hatte mich
an den Stammbaum mit angeklammert. Denn
Ihr seeliger Herr Vetter -- ich meyne den äl-
tern Bruder des Herrn Gerhard -- der sich --
Sie habens wohl mehr gehört? -- der sich, mit
Respekt zu sagen, todtpokulirt hat -- meine
Mutter hatte die Ehre -- seine Köchinn zu
seyn. Zum Unglück stand der gute Herr mit Ei-
nem Fuß im Himmel, als ich erst mit Einem
Auge in die Welt guckte -- und da fiel sein schö-
nes Rittergut an unsern alten Brummbär. Aber
Leute, die sich sein noch, wie von gestern her, er-
innern, haben mich versichert, meine Nase säh
aus, als wäre sie ihm aus dem Gesicht geschnit-
ten -- und darauf, und auf meine durstige Le-
ber, die ich auch mit ihm gemein hätte, könnt' ich
provociren, wann ich wollte. Diener, Herr Vetter!

(Läuft ab, nach der Mittelthür.)
Sternberg (droht ihm nach.) Schäker, warte!
Die Erbſchleicher.
Vettern und Muhmen geflogen. Das war ein
Spektakel! Sie theilten nicht; ſie pluͤnderten.
Und — ſtellen Sie ſich vor! — ich war auch
dabey. Und von Rechts wegen! Ich hatte mich
an den Stammbaum mit angeklammert. Denn
Ihr ſeeliger Herr Vetter — ich meyne den aͤl-
tern Bruder des Herrn Gerhard — der ſich —
Sie habens wohl mehr gehoͤrt? — der ſich, mit
Reſpekt zu ſagen, todtpokulirt hat — meine
Mutter hatte die Ehre — ſeine Koͤchinn zu
ſeyn. Zum Ungluͤck ſtand der gute Herr mit Ei-
nem Fuß im Himmel, als ich erſt mit Einem
Auge in die Welt guckte — und da fiel ſein ſchoͤ-
nes Rittergut an unſern alten Brummbaͤr. Aber
Leute, die ſich ſein noch, wie von geſtern her, er-
innern, haben mich verſichert, meine Naſe ſaͤh
aus, als waͤre ſie ihm aus dem Geſicht geſchnit-
ten — und darauf, und auf meine durſtige Le-
ber, die ich auch mit ihm gemein haͤtte, koͤnnt’ ich
provociren, wann ich wollte. Diener, Herr Vetter!

(Läuft ab, nach der Mittelthür.)
Sternberg (droht ihm nach.) Schaͤker, warte!
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[14/0020] Die Erbſchleicher. Vettern und Muhmen geflogen. Das war ein Spektakel! Sie theilten nicht; ſie pluͤnderten. Und — ſtellen Sie ſich vor! — ich war auch dabey. Und von Rechts wegen! Ich hatte mich an den Stammbaum mit angeklammert. Denn Ihr ſeeliger Herr Vetter — ich meyne den aͤl- tern Bruder des Herrn Gerhard — der ſich — Sie habens wohl mehr gehoͤrt? — der ſich, mit Reſpekt zu ſagen, todtpokulirt hat — meine Mutter hatte die Ehre — ſeine Koͤchinn zu ſeyn. Zum Ungluͤck ſtand der gute Herr mit Ei- nem Fuß im Himmel, als ich erſt mit Einem Auge in die Welt guckte — und da fiel ſein ſchoͤ- nes Rittergut an unſern alten Brummbaͤr. Aber Leute, die ſich ſein noch, wie von geſtern her, er- innern, haben mich verſichert, meine Naſe ſaͤh aus, als waͤre ſie ihm aus dem Geſicht geſchnit- ten — und darauf, und auf meine durſtige Le- ber, die ich auch mit ihm gemein haͤtte, koͤnnt’ ich provociren, wann ich wollte. Diener, Herr Vetter! (Läuft ab, nach der Mittelthür.) Sternberg (droht ihm nach.) Schaͤker, warte!

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Zitationshilfe: Gotter, Friedrich Wilhelm: Die Erbschleicher. Leipzig, 1789, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotter_erbschleicher_1789/20>, abgerufen am 21.11.2024.