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Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Der Notar in der Falle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.

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so oberflächlich hingeworfen. Jetzt muß ein Haupterbe sein, mahnte Herr Stößli. Tante Spendvögtin, sagte Luise. Und jetzt allfällige Vergabungen. Julie, meiner Freundin, mein Haus, stotterte Luise. Ja so, dachte Herr Stößli, also darum hat die mir nicht von Vermögen gesagt. Meinem Küher den Berg. Wie heißt der Berg? fragte Herr Stößli. Sie hätte ihm nie anders gesagt als Berg, sagte Luise. Und weiter fragte Herr Stößli, und Luise, welche nach und nach auflebte, machte Vergabung um Vergabung und zwar stattliche, daß Herr Stößli endlich sagte, er müsse mahnen, nach seiner Pflicht, der Armen zu gedenken, und alsobald bedachte Luise die Armen ihrer Gemeinde mit 2000 Gulden. Man müsse sich immer in Acht nehmen, sagte Herr Stößli, daß man durch zu viele Vergabungen den Haupterben nicht in Verlegenheit setze; dadurch könnten fatale Geschichten entstehen. Die Tante weiß, was ich habe, antwortete Luise. Ganz ehrerbietig sagte Herr Stößli: So so! Wir wollen hoffen, das Alles sei nicht nöthig, Jungfer Luise erhole sich wieder, setzte er mit großer Theilnahme hinzu. Wenn sie wolle, sagte er, so wolle er ihr den Entwurf da lassen; sie könne ihn übersehen und bedenken und allfällige Aenderungen ihm später dictiren. Wenn es Jungfer Luise gelegen sei, daß er wiederkomme? Luise bestimmte den Tag; am selben war die Tante bei der Seckelmeisterin, und sie dankte herzlich Herrn Stößli für seine Gefälligkeit, stand auf, wie sehr er auch bat, doch ja sich zu schonen, und begleitete ihn bis zur Thüre, wo ein recht inniger und herzlicher Wettstreit, welcher sie um Vieles näher brachte, stattfand, wie weit die Höflichkeit gehen solle. So rosig und süß im Gemüthe war es Luise noch nie gewesen; was sie im Herzen getragen, war nun vor ihr gesessen, ganz freundlich und herzig, und wollte wieder kommen; es war, als ob ihr Blut ein anderes würde, ein anderes Leben einziehe in ihren Körper.

Aber auch im Herrn Notar ging eine Veränderung vor. Er machte sehr ernsthafte Mienen, war zerstreut, rechnete zu

so oberflächlich hingeworfen. Jetzt muß ein Haupterbe sein, mahnte Herr Stößli. Tante Spendvögtin, sagte Luise. Und jetzt allfällige Vergabungen. Julie, meiner Freundin, mein Haus, stotterte Luise. Ja so, dachte Herr Stößli, also darum hat die mir nicht von Vermögen gesagt. Meinem Küher den Berg. Wie heißt der Berg? fragte Herr Stößli. Sie hätte ihm nie anders gesagt als Berg, sagte Luise. Und weiter fragte Herr Stößli, und Luise, welche nach und nach auflebte, machte Vergabung um Vergabung und zwar stattliche, daß Herr Stößli endlich sagte, er müsse mahnen, nach seiner Pflicht, der Armen zu gedenken, und alsobald bedachte Luise die Armen ihrer Gemeinde mit 2000 Gulden. Man müsse sich immer in Acht nehmen, sagte Herr Stößli, daß man durch zu viele Vergabungen den Haupterben nicht in Verlegenheit setze; dadurch könnten fatale Geschichten entstehen. Die Tante weiß, was ich habe, antwortete Luise. Ganz ehrerbietig sagte Herr Stößli: So so! Wir wollen hoffen, das Alles sei nicht nöthig, Jungfer Luise erhole sich wieder, setzte er mit großer Theilnahme hinzu. Wenn sie wolle, sagte er, so wolle er ihr den Entwurf da lassen; sie könne ihn übersehen und bedenken und allfällige Aenderungen ihm später dictiren. Wenn es Jungfer Luise gelegen sei, daß er wiederkomme? Luise bestimmte den Tag; am selben war die Tante bei der Seckelmeisterin, und sie dankte herzlich Herrn Stößli für seine Gefälligkeit, stand auf, wie sehr er auch bat, doch ja sich zu schonen, und begleitete ihn bis zur Thüre, wo ein recht inniger und herzlicher Wettstreit, welcher sie um Vieles näher brachte, stattfand, wie weit die Höflichkeit gehen solle. So rosig und süß im Gemüthe war es Luise noch nie gewesen; was sie im Herzen getragen, war nun vor ihr gesessen, ganz freundlich und herzig, und wollte wieder kommen; es war, als ob ihr Blut ein anderes würde, ein anderes Leben einziehe in ihren Körper.

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[0034] so oberflächlich hingeworfen. Jetzt muß ein Haupterbe sein, mahnte Herr Stößli. Tante Spendvögtin, sagte Luise. Und jetzt allfällige Vergabungen. Julie, meiner Freundin, mein Haus, stotterte Luise. Ja so, dachte Herr Stößli, also darum hat die mir nicht von Vermögen gesagt. Meinem Küher den Berg. Wie heißt der Berg? fragte Herr Stößli. Sie hätte ihm nie anders gesagt als Berg, sagte Luise. Und weiter fragte Herr Stößli, und Luise, welche nach und nach auflebte, machte Vergabung um Vergabung und zwar stattliche, daß Herr Stößli endlich sagte, er müsse mahnen, nach seiner Pflicht, der Armen zu gedenken, und alsobald bedachte Luise die Armen ihrer Gemeinde mit 2000 Gulden. Man müsse sich immer in Acht nehmen, sagte Herr Stößli, daß man durch zu viele Vergabungen den Haupterben nicht in Verlegenheit setze; dadurch könnten fatale Geschichten entstehen. Die Tante weiß, was ich habe, antwortete Luise. Ganz ehrerbietig sagte Herr Stößli: So so! Wir wollen hoffen, das Alles sei nicht nöthig, Jungfer Luise erhole sich wieder, setzte er mit großer Theilnahme hinzu. Wenn sie wolle, sagte er, so wolle er ihr den Entwurf da lassen; sie könne ihn übersehen und bedenken und allfällige Aenderungen ihm später dictiren. Wenn es Jungfer Luise gelegen sei, daß er wiederkomme? Luise bestimmte den Tag; am selben war die Tante bei der Seckelmeisterin, und sie dankte herzlich Herrn Stößli für seine Gefälligkeit, stand auf, wie sehr er auch bat, doch ja sich zu schonen, und begleitete ihn bis zur Thüre, wo ein recht inniger und herzlicher Wettstreit, welcher sie um Vieles näher brachte, stattfand, wie weit die Höflichkeit gehen solle. So rosig und süß im Gemüthe war es Luise noch nie gewesen; was sie im Herzen getragen, war nun vor ihr gesessen, ganz freundlich und herzig, und wollte wieder kommen; es war, als ob ihr Blut ein anderes würde, ein anderes Leben einziehe in ihren Körper. Aber auch im Herrn Notar ging eine Veränderung vor. Er machte sehr ernsthafte Mienen, war zerstreut, rechnete zu

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Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Thomas Weitin: Herausgeber
Digital Humanities Cooperation Konstanz/Darmstadt: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-03-15T09:45:11Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Jan Merkt, Thomas Gilli, Jasmin Bieber, Katharina Herget, Anni Peter, Christian Thomas: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-03-15T09:45:11Z)

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Bogensignaturen: nicht gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: nicht gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): nicht ausgezeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: nicht gekennzeichnet; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: nein; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




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Zitationshilfe: Gotthelf, Jeremias [d. i. Albert Bitzius]: Der Notar in der Falle. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 1–43. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/gotthelf_notar_1910/34>, abgerufen am 21.11.2024.